AOK Baden-Württemberg offen für europäische Maßnahmen gegen global verursachte Lieferengpässe
Geschrieben am 06-02-2020 |
Stuttgart (ots) - "Das Problem der Lieferengpässe bei Arzneimitteln löst man
nicht, indem man pauschal die Arzneimittelrabattverträge kritisiert", stellt der
Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, am heutigen
Donnerstag (06.02.2020) in Stuttgart klar. Lösungsansätze müssten zwingend die
globalen Abhängigkeiten in der Arzneimittelversorgung berücksichtigen. Bislang
kann allein die Mechanik der Rabattverträge zur Verhinderung von Lieferengpässen
beitragen. Sie machten die Versorgung planungssicherer, stellten Transparenz her
und verfügten über wirksame Sanktionierungsinstrumente. "Die Politik sollte
jetzt genau prüfen, welches Instrumentarium eine sichere Versorgung der
Patienten mit Arzneimitteln befördert und welches nicht", so Bauernfeind weiter.
Sinnvoll sei bei den globalen Lieferschwierigkeiten eine gemeinsame europäische
Strategie, die mehr Markttransparenz und eine Mindestbevorratungspflicht für
wichtige Arzneimittel im Blick habe. Die AOK Baden-Württemberg als bundesweite
Verhandlungsführerin aller AOKs ist gerne bereit, diejenigen Ansätze zu
bewerten, die die Versorgung faktisch verbessern.
Der AOK-Vorstandschef appelliert an eine Versachlichung in der Diskussion, denn
Lieferengpässe seien nicht mit Versorgungsengpässen gleichzusetzen. Wirkliche
Versorgungsprobleme beträfen vor allem Arzneimittel für Krankenhäuser oder
patentgeschützte Arzneimittel, für die es keine adäquate Alternative gebe.
Anders bei den sogenannten Generika (Arzneimittel, bei denen der Patentschutz
ausgelaufen ist). Dort gebe es in Deutschland keine Versorgungsprobleme,
sondern, weltweit gesehen, sehr unterschiedliche Ausprägungen von
Lieferengpässen: "Versorgungskritische Engpässe treten immer dort auf, wo es,
anders als im deutschen Generikamarkt, keine vertraglichen Lieferverpflichtungen
gibt." Solche Lieferengpässe seien beispielweise in den USA etwa doppelt so
häufig wie in Deutschland. Auch in europäischen Staaten ohne vertraglichen
Lieferrahmen seien die Auswirkungen weltweiter Arzneimittelengpässe gravierender
zu spüren als hierzulande. So listet die Schweiz aktuell 568 nicht lieferbare
Produkte bei 287 betroffenen Wirkstoffen, in Rumänien fehlten aktuell sogar 695
Präparate. Deutschland verzeichnet derzeit 257 nicht lieferbare Arzneimittel,
wovon vor allem Kliniken betroffen seien, weil es sich dort häufig um
spezialisierte Arzneimittel mit komplexem Produktionsprozess handle.
Gründe für Lieferprobleme liegen laut Bauernfeind vor allem in der
Rohstoffknappheit oder in Produktionsausfällen und eben nicht an den
Arzneimittel-Rabattverträgen der Krankenkassen. Selbstverständlich sei die AOK
Baden-Württemberg offen, alle zusätzlichen Verbesserungen, die über das
funktionierende Instrumentarium der Rabattverträge hinausgehen, auf ihre
Wirksamkeit hin zu prüfen. Der bereits erfolgte Vorschlag eines
Mehrpartnermodells sei jedoch nach eigener Bewertung nicht zielführend: "Er
wirkt nicht, da auch mehrere vertraglich gebunden Hersteller letztlich auf
denselben Wirkstoffproduzenten zurückgreifen, und er ist sogar kontraproduktiv,
da die Planungssicherheit für die Unternehmen bei diesem Modell zurückgeht", so
der AOK-Vorstandschef.
Kurzfristig müssten sich abzeichnende Engpässe sofort und verpflichtend an das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet werden.
Davon profitieren auch die Patienten, weil sie viel früher als heute alternative
Therapieempfehlungen erhalten können", so Bauernfeind weiter. Die AOK
Baden-Württemberg unterstütze deshalb ausdrücklich das aktuelle gesetzliche
Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Spahn zur Stärkung der BfArM-Kompetenzen.
Darüberhinausgehende künftige Lösungsansätze müssten zwingend die globalen
Abhängigkeiten in der Arzneimittelversorgung berücksichtigen.
Pressekontakt:
AOK Baden-Württemberg
Pressestelle
Presselstr. 19
70191 Stuttgart
Telefon 0711 2593 - 229
Telefax 0711 2593 - 100
E-Mail presse@bw.aok.de
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