Gewaltforscher Zick: "Was in Hanau passiert ist, haben wir 2015 in Paris gesehen"
Geschrieben am 20-02-2020 |
Bielefeld (ots) - Der Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick von der
Universität Bielefeld vergleicht das mutmaßlich rechtsextreme Attentat von Hanau
mit den islamistischen Anschlägen von Paris im Jahr 2015. "Die gegenwärtigen
Terrorakte von Hanau und Halle haben in Teilen Terroraktionen aus anderen
extremistischen Bereichen adaptiert. Die Tat wird nach einer
Radikalisierungsphase in Gruppen von einer Person ähnlich verübt, wie wir es aus
dem Bereich des islamistischen Terrors kennen. Das, was in Hanau passiert ist,
haben wir in Teilen in Paris 2015 gesehen. Der Täter schießt offen und
gewissermaßen im Vorbeigehen in eine Bar hinein, wo Menschen sich amüsieren, die
dem Feindbild entsprechen", sagte Zick dem Bielefelder "Westfalen-Blatt"
(Freitagsausgabe).
Neu scheine ihm die öffentliche Inszenierung der Tat. "Ebenso die
Selbsthinrichtung und die Hinrichtung der Mutter erscheinen zunächst untypisch
für den rechtsextremen Terror." Nach Hanau hält Zick weitere
rechtsextremistische Anschläge für möglich: "Diese Terrorakte kommen in Wellen,
und wir kennen seit den 1990er Jahren die Wahrscheinlichkeit von
Nachahmungstaten. Es leben hier einige hochradikalisierte Personen, die
gewaltbereit sind und sicherlich darüber nachdenken, welches Zeichen sie nun
setzen können."
Dass der Täter von Hanau als "einsamer Wolf" gehandelt hat, hält Zick für
unwahrscheinlich. "Es gibt nach Forschungslage keine einsamen Wölfe. Diese
Annahme hat die Analyse von Einzelfällen widerlegt. Es gibt zum Tatzeitpunkt
Einzeltäter, aber in der wichtigen Phase ihrer Radikalisierung sind sie
vernetzt, haben Gruppen, die sie stärken und Druck ausüben und wesentlich sind
für die Radikalisierung. Der Täter in Hanau kommt aus Gruppen, seien es auch nur
digitale Gruppen, und er handelt für Gruppen, auch wenn diese so, wie er denkt,
nicht existieren. Ebenso hat er ein Unterstützungsnetzwerk, wo er die Ideologien
und Waffen beschaffen kann", so Zick weiter.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/66306/4525774
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