Benedikt wird zur tragischen Figur / Progressive und konservative Kräfte schrecken nicht davor zurück, den emeritierten Papst für ihre Zwecke zu missbrauchen. Leitartikel von Christian Eckl
Geschrieben am 24-02-2020 |
Regensburg (ots) - Es ist, als würde der Fall Georg Gänswein der Katholischen
Kirche den Spiegel vorhalten: Nicht erst seit Martin Luther kritisiert man den
Klerus in Rom als eitel und selbstverliebt. Es geht um Machtspiele und Einfluss,
um Hofschranzentum und Heuchelei. Georg Gänswein hat in seiner Eitelkeit nicht
nur Papst Franziskus zum Handeln gezwungen. Er hat vor allem auch dem Mann
geschadet, dem er am meisten verdankt: Dem Papa emeritus, Benedikt XVI.. Es ist
nicht die Personalie Gänswein, der als Präfekt des Päpstlichen Hauses abberufen
wurde und fortan nicht mehr Diener zweier Päpste sein wird, die das Kirchendrama
beschreibt. Es ist das Drama von Papst Benedikt, der zu Lebzeiten zu einem
Spielball der Kräfte im Vatikan wurde. Und das hat der Pontifex aus Bayern
wirklich nicht verdient. Der Fall Gänswein dreht sich um einen Beitrag, den
Papst Benedikt zusammen mit dem erzkonservativen Kardinal Robert Sarah
veröffentlichte. Dabei wurde der Eindruck erweckt, Benedikt sei Mitautor des
Buchs, das unter dem Titel "Aus den Tiefen unserer Herzen" erschien. Das
Verschulden lag beim Verlag, der Benedikts Konterfei auf das Buchcover druckte.
Wer den Beitrag Benedikts liest, merkt schnell: Er ist in keiner Zeile ein
Angriff auf Papst Franziskus. In dem Buchbeitrag beschäftigt sich der
emeritierte Papst, den man in Kirchenkreisen und darüber hinaus als Mozart der
Theologie bezeichnet, mit der Frage, warum das Priestertum in der Katholischen
Kirche allein Männern vorbehalten ist, und warum Priester in der
Kirchentradition zölibatär leben sollen. Dass Priester ehelos leben müssen, ist
erst seit knapp 1000 Jahren so geregelt. In der Bibel schreibt Paulus vielmehr
davon, ein Bischof soll wenn, dann nur eine Frau haben und seine Kinder gut
behandeln (1 Tim 3,2). Diese Bibelstelle wird in katholischen Kreisen gerne
ignoriert. Der Text Benedikts über Zölibat und Priestertum ist hochkomplex, aber
an keiner Stelle eine Abweichung von der Kirchenlehre. Ganz im Gegenteil. Doch
im Schatten der Amazonas-Synode, in der es darum ging, wie man in dünn
besiedelten Gebieten mit Priestern umgeht, geriet der Beitrag Benedikts zum
Politikum. Papst Franziskus bestätigte nach dem Buch-Skandal übrigens die
Haltung zum Zölibat. Doch das war nur noch eine Randnotiz. Zum Skandal wurde die
Causa aus einem ganz anderen Grund. Denn dass Benedikt überhaupt einen Beitrag
im Buch von Kardinal Sarah veröffentlichte, diente den Gegnern Gänsweins und
auch Papst Benedikts als willkommener Vorwand, Fakten zu schaffen. Die
Progressiven im Klerus nutzten die Gelegenheit, um mit Gänswein einen der
prominentesten Vertreter des konservativen Flügels zu entfernen. Der Schlag
gelang. Gänswein wurde vom wichtigen Posten des Präfekten entbunden. Sarah
stammt aus Afrika, traditionell sind Bischöfe und Kardinäle von diesem Kontinent
konservativer als etwa die deutschen, denen man unterstellt, ohnehin
protestantisch zu denken. Benedikt wurde also zum Spielball eines Flügelkampfes,
der in der Katholischen Kirche auch unter Franziskus tobt wie kaum je zuvor. Was
bleibt, ist ein Scherbenhaufen. Man geht gnadenlos um mit einem Mann, der
Geschichte geschrieben hat. Die Deutschen hatten seit der Wahl Benedikts 2005
stets ein gespaltenes Verhältnis zu ihm. Statt stolz darauf zu sein, dass einer
von uns zum Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken gewählt wurde, hören die
Angriffe auf Benedikt nicht auf. Benedikt, der schwer sprechen und kaum mehr
gehen kann, muss miterleben, wie sein Pontifikat in den Schmutz gezogen wird.
Benedikts Verdienst seines historischen Rücktritts zum Schutz der Kirche wird
von jenen, die ihn jetzt benutzen, zerstört. Und das ist auch Georg Gänsweins
Schuld.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4529075
OTS: Mittelbayerische Zeitung
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
722486
weitere Artikel:
- Politikwissenschaftler Korte hält Merz für markantes Angebot an die Wähler Düsseldorf (ots) - Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte hält
Ex-Fraktionschef Friedrich Merz im Falle seines Sieges in einer Kampfkandidatur
um den CDU-Vorsitz für ein "markantes Angebot an die Wähler". "Er hat gute
Chancen, AfD-Wähler zurückzuholen und kann Wohlstands-Chauvinisten und
Salonradikale überzeugen", sagte Korte der Düsseldorfer "Rheinischen Post"
(Dienstag). Merz sei der Prototyp, "der die Sehnsucht nach politischer
Eindeutigkeit, nach einem neuen Auftritt, nach charismatischem Überschwang
befriedigen kann." Aber: mehr...
- Nach der Hamburg-Wahl: NRW-SPD-Chef warnt SPD vor Enteignungsdebatten Düsseldorf (ots) - Die SPD in NRW hat erste Lehren aus der Hamburg-Wahl für die
NRW-Kommunalwahlen im kommenden September gezogen. "Das Ergebnis der
Hamburg-Wahl zeigt uns auch, dass die SPD keine abstrakt philosophischen
Diskussionen über die Enteignung von Wohnungskonzernen führen sollte. Sondern
darüber, wie konkret mehr Wohnungen gebaut werden", sagte SPD-Landeschef
Sebastian Hartmann der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Online-Ausgabe). Er
empfinde die Wahl als Bestätigung seiner linkspragmatischen Richtung. "Der
Wähler erkennt mehr...
- Händewaschen ist angesagt / Kommentar zum Coronavirus von Katharina Meyer Freiburg (ots) - (...) Man werde verhältnismäßig reagieren, sagte
Gesundheitsminister Spahn am Montag. Doch was das heißt, ist alles andere als
klar. Wäre es verhältnismäßig, auch in Deutschland ganze Orte unter Quarantäne
zu stellen? Die Grenzen in Europa sollen jedenfalls vorerst offen bleiben. Kommt
das Virus hierher, bleibt jedem nur, was das Ministerium schon per Anzeige
empfiehlt: Hände waschen, in die Armbeuge husten. Und Menschenansammlungen
meiden. Auch wenn das hilflos klingen mag, ist es doch der beste
Infektionsschutz. mehr...
- Gesundheitsminister Laumann erwartet Corona-Infektionen in NRW Düsseldorf (ots) - Nach dem Corona-Ausbruch in Italien rechnet
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auch mit Infektionen in
Nordrhein-Westfalen. "Mit einem Import von einzelnen Fällen auch nach
Nordrhein-Westfalen muss gerechnet werden", sagte Laumann der Düsseldorfer
"Rheinischen Post" (Dienstag). Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung
bleibe aber derzeit weiterhin gering.‎ "Wenn ein Fall oder mehrere Fälle
im Land auftreten sollte, sind wir gut darauf vorbereitet", so Laumann weiter.
Das Ministerium verweist mehr...
- neues deutschland: EU-Botschafter in Havanna: Die USA verstoßen mit Kuba-Sanktionen gegen internationales Recht Berlin (ots) - Die Blockadepolitik der USA gegenüber Kuba richtet sich
inzwischen verschärft auch gegen dort tätige Unternehmen aus der Europäischen
Union. "Es ist bekannt, dass wir die extraterritoriale Anwendung der Sanktionen
für illegal halten und der Meinung sind, dass sie gegen internationales Recht
verstoßen", sagte Alberto José Navarro González der in Berlin erscheinenden
Tageszeitung "neues deutschland" (Dienstagausgabe). Der spanische Diplomat ist
seit Mai 2017 Botschafter der Europäischen Union in Kuba. Aus seinen Gesprächen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|