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Nachhaltigkeit wird für Automobilunternehmen zum strategischen Muss / Stärkerer Fokus auf Potenzial von Elektrofahrzeugen und die Kreislaufwirtschaft notwendig

Geschrieben am 05-03-2020

Berlin (ots) - Die Automobilbranche rückt das Thema Nachhaltigkeit stärker in
den Fokus. 62 Prozent der Automobilunternehmen verfügen bereits über eine
umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Bei der Erfüllung globaler
Nachhaltigkeitsstandards sind sie Unternehmen aus anderen Branchen sogar voraus.
Es zeigt sich allerdings, dass die Umsetzung häufig noch keinem ganzheitlichen
Ansatz folgt. So haben von den 74 Prozent der Automobilhersteller, die eine
Elektrofahrzeugstrategie verfolgen, nur 56 Prozent eine solche als Teil ihrer
Nachhaltigkeitsstrategie verankert. Darüber hinaus reichen die Investitions- und
Umsetzungsniveaus sowie die Steuerung der Nachhaltigkeit noch nicht aus, um die
Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Das geht aus der aktuellen Studie
des Capgemini Research Institute "The Automotive Industry in the Era of
Sustainability" hervor, für die weltweit mehr als 500 Führungskräfte aus
Automobilunternehmen und 300 Nachhaltigkeitsexperten befragt wurden.

Die Studie zeigt, dass die Automobilindustrie bei ihren derzeitigen
Investitionen einen Rückstand von 20 Prozent aufholen muss, um die festgelegten
internationalen Klimaziele zu erreichen. Zudem können nur 9 Prozent der
analysierten Automobilunternehmen als "leistungsstarke Nachhaltigkeitsführer"
eingestuft werden, 91 Prozent haben die Reife noch nicht erreicht und 26 Prozent
von ihnen gelten als "Nachzügler". Mehr als die Hälfte der führenden Unternehmen
stammt aus Deutschland (28 Prozent) und den USA (26 Prozent); in der Regel sind
dies große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 25 Milliarden
US-Dollar.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:

Automobilunternehmen machen stetige Fortschritte bei der Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit hat in der Automobilindustrie sowohl als Gesprächsthema
als auch hinsichtlich seiner geschäftlichen Priorität an Bedeutung gewonnen. So
hat sich die Anzahl der Investorenveranstaltungen mit Nachhaltigkeitsbezug in
der Automobilbranche von 142 im Jahr 2015 auf 320 im vergangenen Jahr mehr als
verdoppelt. 62 Prozent der befragten Autounternehmen gaben an, über eine
umfassende Nachhaltigkeitsstrategie mit klar definierten Zielen und Zeitplänen
zu verfügen, lediglich 8 Prozent entwickeln momentan eine solche Strategie.
Nachhaltigkeitsexperten schreiben der Branche im Allgemeinen zu, dass sie bei
der Sicherstellung der globalen Nachhaltigkeit entweder anderen Industrien
voraus (46 Prozent) oder mit ihnen gleichauf (19 Prozent) ist. Was die deutsche
Autobranche angeht, denken sogar 64 Prozent der Experten, dass sie weiter ist
als andere Branchen, 18 Prozent sehen sie mit anderen gleichauf.

Grundsätzlich lassen sich erhebliche länderspezifische Unterschiede bei den
Nachhaltigkeitsinitiativen feststellen. Deutschland und die USA sind bei den
meisten als prioritär eingestuften Inititativen führend, wie z.B. bei der
Unterstützung und Förderung der Kreislaufwirtschaft [1] und der nachhaltigen
Fertigung. Im Gegensatz dazu hinken die anderen Länder gleich bei mehreren der
Initiativen hinterher, wie z.B. bei Mobilität und digitale Dienstleistungen,
umweltverträgliche Beschaffung von Metallen, Materialien und Produkten oder beim
Thema Nachhaltigkeit in der IT.

Es fehlt ein ganzheitlicher Ansatz

Die Studie zeigt, dass die Autobranche sich in punkto Nachhaltigkeit zwar
weiterentwickelt hat, es aber noch deutliches Verbesserungspotenzial gibt: So
wurden die Fortschritte der Unternehmen bei 14 Initiativen analysiert, die alle
Bereiche der Wertschöpfungskette abdecken. Diese reichen von der nachhaltigen
F&E und Produktentwicklung bis hin zur Unterstützung und Förderung der
Kreislaufwirtschaft. Die Gewichtung der verschiedenen Initiativen ist dabei sehr
unterschiedlich: 52 Prozent der Unternehmen arbeiten zwar an Programmen zur
Kreislaufwirtschaft, aber nur 8 Prozent an der Nachhaltigkeit im IT-Bereich.

Milliardeninvestitionen notwendig, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen

Nachholbedarf gibt es auch beim Thema Unternehmensführung, denn nur 44 Prozent
der Unternehmen verfügen über ein zentrales Gremium, das sich der Überwachung
von Nachhaltigkeitszielen widmet, und 45 Prozent geben ihren wichtigsten
Führungskräften spezielle Ziele vor. Insgesamt haben nur 19 Prozent mindestens
vier quantifizierbare Ziele, die auf Bereiche ausgerichtet sind, die sich am
stärksten auf die Nachhaltigkeitsleistung auswirken (wie z.B. Abfallrecycling,
Frischwasserverbrauch und ethische Arbeitsrichtlinien). Damit
Automobilunternehmen die internationalen Nachhaltigkeitsziele wie das Pariser
Klimaabkommen oder den neuen europäischen "Green Deal" erreichen, sind
zusätzlich zu den derzeitigen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie
in Elektrofahrzeuge und Mobilitätsdienstleistungen weitere geschätzte 50
Milliarden US-Dollar notwendig.

Die Studie hat zudem zwei für die Automobilbranche wichtige Triebfedern der
Nachhaltigkeit untersucht - Elektrofahrzeuge und die Kreislaufwirtschaft:

Stärkerer Nachhaltigkeitsfokus bei Elektrofahrzeugen wichtig

Ein wesentlicher Teil der Nachhaltigkeitsprogramme in der Automobilindustrie ist
die Reduzierung der Treibhausgasemissionen (THG). Elektrofahrzeuge haben hierauf
einen nicht unerheblichen positiven Einfluss. Um diesen Einfluss über die
gesamte Lebensdauer von Elektrofahrzeugen zu erhalten, ist es wichtig, dass sie
von erneuerbaren Energien gespeist werden. Der Capgemini-Studie zufolge planen
jedoch nur 15 Prozent der Automobilhersteller die Bereitstellung einer
Ladeinfrastruktur für die Stromversorgung von Elektrofahrzeugen mit erneuerbaren
Energien. Weitere Faktoren machen es erforderlich, dass sich Unternehmen beim
Bau von Elektrofahrzeugen stärker auf Nachhaltigkeit fokussieren: zum einen die
höhere CO2-Bilanz der Batterieproduktion im Vergleich zur Produktion fossiler
Kraftstoffe und zum anderen ein begrenztes Angebot an Lithium und seltenen
Erdmetallen. Letztlich werden die Kreislaufwirtschaft, die eine längere
Lebensdauer von Fahrzeugen und Teilen ermöglicht, sowie neue Geschäftsmodelle
entscheidend dazu beitragen, dass Elektrofahrzeuge ihr Nachhaltigkeitspotenzial
ausschöpfen können.

Automobilunternehmen müssen stärker zur Kreislaufwirtschaft beitragen

Eine der effektivsten Möglichkeiten, wie Automobilunternehmen nachhaltiger
werden können, ist die Einführung einer Kreislaufwirtschaft. Dies betrifft viele
Schlüsselbereiche der Nachhaltigkeit - von der Supply Chain bis hin zu
Recycling, Beschaffung und After-Sales. Bekannte Automobilmarken haben bereits
die Wirksamkeit dieses Ansatzes vorgeführt. Michelin[2] verwertet z.B. 85
Prozent seiner alten Lkw-Reifen wieder. Diese werden im britischen Werk
runderneuert, was 60 kg CO2-Emissionen pro Reifen einspart. GM[3] hat aus dem
Verkauf von wiederverwertbarem Abfall eine Milliarde US-Dollar erzielt.

Der Studie zufolge haben die Automobilunternehmen jedoch noch einen langen Weg
vor sich, bis sie umfassend von der Kreislaufwirtschaft profitieren. Nur 32
Prozent der für die Studie befragten Unternehmen gaben an, mit ihrer Lieferkette
derzeit zur Kreislaufwirtschaft beizutragen, wobei dieser Anteil in den nächsten
fünf Jahren voraussichtlich auf 51 Prozent steigen wird. Bei den einzelnen
Initiativen der Kreislaufwirtschaft gibt es zudem große Unterschiede: 75 Prozent
recyceln eine beträchtliche Menge Industrieabfälle und Schrott und 71 Prozent
geben Anreize für Endverbraucher, überholte Teile und Komponenten
wiederzuverwenden. Nur 51 Prozent investieren jedoch in die Infrastruktur und
die Fähigkeiten, alte Komponenten oder Schrott wiederzuverwerten und 36 Prozent
setzen auf Partnerschaften, um Elektrofahrzeugbatterien ein zweites Leben zu
ermöglichen.

"Damit sich die Automobilbranche zu einer nachhaltigen und umweltfreundlicheren
Industrie entwickeln kann, müssen Autofirmen das tatsächliche Potenzial von
Elektrofahrzeugen ausschöpfen und Nachhaltigkeit im Unternehmen verankern.
Darüber hinaus gilt es, stärker in die Kreislaufwirtschaft zu investieren, um
von Kostenvorteilen und der Wiedervertertung von Ressourcen entlang der gesamten
Wertschöpfungskette zu profitieren", sagt Sebastian Tschödrich, Vice President
im Bereich Automotive bei Capgemini Invent.

Die Studie gibt eine Reihe von Empfehlungen, die auf den Erfahrungen von
Automobilunternehmen basieren, die beim Thema Nachhaltigkeit führend sind:

- Aufzeigen konkreter Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit durch
Berichte mit unternehmensweit vergleichbaren Daten und
standardisierten Kennzahlen
- Verfolgen der Nachhaltigkeit als unternehmensweite Mission
- Einführen einer Rechenschaftspflicht von Führungskräften und
Investitionen in eine solide Unternehmensführung
- Planung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsinitiativen entlang der
gesamten Wertschöpfungskette der Automobilindustrie
- Einsatz von Technologie, um die Nachhaltigkeit des Betriebs zu
verbessern
- Allianzen und Partnerschaften stärken, um eine größere Wirkung
zu erzielen

"Nachhaltigkeit ist für Automobilhersteller heute ein Muss und kann, mit dem
richtigen Ansatz, gleichzeitig zum Differenzierungsfaktor werden. Wer es schafft
ein schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln und dieses auch authentisch
kommuniziert, wird von den deutschen Mobilitätskunden durch Akzeptanz und Erfolg
belohnt", stellt Tschödrich abschließend fest.

Zur Methode der Studie

Für die Studie wurden im Zeitraum von November bis Dezember 2019 503
Führungskräfte von Automobilunternehmen aus neun Ländern befragt sowie elf
Tiefeninterviews durchgeführt. Befragt wurden zudem 317 Nachhaltigkeitsexperten,
darunter NGOs, Wissenschaftler und Aufsichtsbehörden, ergänzt durch neun
Tiefeninterviews.

Die vollständige Studie und Grafiken gibt es hier zum Download: https://www.capg
emini.com/de-de/news/studie-nachhaltigkeit-automobilunternehmen-strategie/

Fußnoten:

[1] Die Kreislaufwirtschaft ist ein industrielles oder wirtschaftliches System,
das die Nutzung von Ressourcen maximiert, indem es durch Design und Intention
restaurativ und regenerativ ist. Es setzt auf die Wiederverwertung von
Materialien anstelle des traditionellen Produktionskonzepts des "Take, Make,
Use, Dispose".
[2] The society of motor manufacturers and traders, "2018 UK Automotive
Sustainability Report", 2018
[3] New York Times, "Carmakers Try to Keep Waste Out of the Ground as Well as
the Air", Dezember 2017

Über Capgemini

Capgemini ist einer der weltweit führenden Anbieter von Management- und
IT-Beratung, Technologie-Services und Digitaler Transformation. Als ein
Wegbereiter für Innovation unterstützt das Unternehmen seine Kunden bei deren
komplexen Herausforderungen rund um Cloud, Digital und Plattformen. Auf dem
Fundament von 50 Jahren Erfahrung und umfangreichem branchenspezifischen
Know-how hilft Capgemini seinen Kunden, ihre Geschäftsziele zu erreichen.
Hierfür steht ein komplettes Leistungsspektrum von der Strategieentwicklung bis
zum Geschäftsbetrieb zur Verfügung. Capgemini ist überzeugt davon, dass der
geschäftliche Wert von Technologie durch Menschen entsteht. Die Gruppe ist ein
multikulturelles Unternehmen mit knapp 220.000 Mitarbeitern in mehr als 40
Ländern, das im Jahr 2019 einen Umsatz von 14,1 Milliarden Euro erwirtschaftet
hat. Mehr unter www.capgemini.com/de. People matter, results count.

Über das Capgemini Research Institute

Das Capgemini Research Institute ist Capgeminis hauseigener Think-Tank in
digitalen Angelegenheiten. Das Institut veröffentlicht Forschungsarbeiten über
den Einfluss digitaler Technologien auf große Unternehmen. Das Team greift dabei
auf das weltweite Netzwerk von Capgemini-Experten zurück und arbeitet eng mit
akademischen und technologischen Partnern zusammen. Das Institut hat
Forschungszentren in Großbritannien, Indien und den USA. Mehr unter
www.capgemini.com/de-de/capgemini-research-institute

Pressekontakt:

Capgemini
Stefanie Hauck
+49 89 38338-2264
stefanie.hauck@capgemini.com

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/16952/4538340
OTS: Capgemini

Original-Content von: Capgemini, übermittelt durch news aktuell


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