Maß halten / Kommentar von Michael Klein zum Coronavirus
Geschrieben am 08-03-2020 |
Mainz (ots) - Gerät das öffentliche Leben in Europa durch die Coronavirus-Krise
aus dem Tritt? In Italien, so will es die Regierung, sollen sich Millionen
Bürger nicht mehr frei bewegen dürfen. Und was Deutschland blüht, wenn mehr
Menschen erkranken, ist nicht absehbar. Ja, es gibt gute Gründe, die Ausbreitung
der neuartigen Viruserkrankung bestmöglich einzudämmen - ein bislang fehlender
Impfstoff ebenso wie das Fehlen einer gezielten Medikation. Es gibt aber ebenso
gute Gründe, diesen Ehrgeiz auch bei den Nebenwirkungen zu entwickeln, die mit
der Bekämpfung des Erregers einhergehen. Ob Schulschließungen,
Produktionsausfälle und Lieferengpässe, Börsenflaute oder abgesagte
Veranstaltungen und Flüge - die Angst vor der Infektion bedroht das
funktionierende öffentliche Leben täglich ein Stück mehr. Welche Maßnahmen im
Einzelnen richtig oder falsch sind, lässt sich isoliert nicht sagen. Das aber
schon: Jede Maßnahme sollte Maß halten. Sie sollte im Wissen erfolgen, dass sich
der weitaus größte Teil der Bevölkerung wohl früher oder später ohnehin mit dem
Coronavirus anstecken wird. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung spricht von
einer "Durchseuchung" der Gesellschaft, die zu einer "Herden-Immunität" führt.
Dass Menschen, wie bei der normalen jährlichen Grippewelle, durch das
Coronavirus sterben, ist eine Tatsache - wiewohl die Kassenärzte von einem
"relativ milden" Virus sprechen. Dessen Bekämpfung darf nicht dazu führen, dass
Patienten mit bedrohlicheren Erkrankungen nicht mehr ausreichend behandelt
werden können. Zum Maßhalten gehört übrigens Mut - die Bundesregierung sollte
ihn in den kommenden Wochen aufbringen.
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