(Registrieren)

Alltag einer Corona-Intensivstation (FOTO)

Geschrieben am 15-04-2020

Koblenz (ots) - Das medizinische Personal der Intensivstationen erlebt derzeit den Kampf gegen das Coronavirus hautnah. Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes und Stabsfeldwebel Jörg Inslob behandeln Corona-Intensivpatienten und geben persönliche Einblicke. In verschiedenen Medien ist von dramatischen Zuständen auf den Intensivstationen Deutschlands zu lesen oder zu hören. Oft wird von überlastetem Personal, herausfordernden Arbeitsbedingungen oder fehlender Schutzkleidung berichtet. Bei meinem Besuch im BundeswehrZentralkrankenhaus (BwZKrhs) Koblenz hatte ich die Möglichkeit, mit Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes und Stabsfeldwebel Jörg Inslob zu sprechen. Die Fachärztin für Anästhesie- und Intensivmedizin und der Fachkrankenpfleger arbeiten auf einer Corona-Intensivstation.

Neue medizinische Herausforderung

Oberfeldarzt Dr. Kathrin Thinnes arbeitet seit 17 Jahren im Bereich der Anästhesie- und Intensivmedizin. Dies ist schon zu normalen Zeiten eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Medizinerin hat in ihrer Laufbahn viele schwerstverletzte und lungengeschädigte Patientinnen und Patienten intensivmedizinisch betreut. Doch der Virus ist für sie eine neue medizinische Herausforderung. "Corona-Patienten folgen nicht der üblichen Behandlungsroutine vom "normalen" zum beatmenden Patienten", betont Thinnes. Eine Vorhersage über den Verlauf einer Beatmung ist üblicherweise relativ sicher. Aber bei einigen Corona-Patienten stabilisiert oder verbessert sich lediglich in der Anfangsphase der Beatmung der Gesundheitszustand. Doch dann verschlechtert sich abrupt die Verfassung des zu Behandelnden. Warum das so ist, weiß derzeit keiner. Dabei steht Thinnes weltweit mit Kolleginnen und Kollegen in Verbindung, die ähnliche Beobachtungen machen.

Männer trifft das Virus schwerer

Das BwZKrhs Koblenz betreut derzeit mehrere intensivpflichtige Corona-Patienten. Der überwiegende Teil gehört zur klassischen Risikogruppe, und es sind ausnahmslos Männer. Auch das ist für Thinnes und für viele andere Intensivmediziner eine Beobachtung, die sie sich derzeit nicht erklären können. Fakt ist: Männer trifft das Virus oft schwerer als Frauen. Momentan ist die Situation auf der Station von Thinnes und Inslob entspannt. Von den Patienten sind fast alle in einem gesundheitlich stabilen Zustand. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in einer Schicht. Aufgrund des deutlich höheren Pflege-und Therapieaufwandes wurde auch der Pflegeschlüssel angepasst.

Vollschutz auf der Station

Stabsfeldwebel Jörg Inslob arbeitet seit 20 Jahren im BwZKrhs Koblenz. In den vergangenen sieben Jahre in leitender Funktion für den Pflegebereich. Erst Mitte März ist er von einem Auslandseinsatz aus Mali wieder zurück. "Die Pflege hat sich verändert", stellt Inslob nüchtern fest. Das hat mehrere Gründe. Da es keine Impfung gegen das Virus gibt, muss das Personal der Intensivstation mit Vollschutz arbeiten. "Anfänglich haben wir uns nur so umfangreich geschützt, wenn wir das Isolierzimmer betreten haben." Mittlerweile ist auf der gesamten Station Vollschutz zu tragen. Für Inslob hat das mehrere Vorteile: es spart Material und das Personal kann effektiver eingesetzt werden.

Schweißtreibende Arbeit

"Unser Personal erkennt man jetzt an dem Pflaster auf dem Nasenrücken", so Inslob. Folge vom ständigen Tragen der FFP-3 Schutzmasken. Diese sitzen relativ straff auf dem Gesicht, dabei bleiben Druckstellen nicht aus. Insbesondere für die Brillenträger ist die Auswahl der richtigen Schutzbrille ein Geduldsspiel. Schließlich dürfen diese auch beim längeren Tragen nicht beschlagen. Bis zu vier Stunden arbeitet das Personal in der Schutzkleidung. Dann wird das Personal getauscht. Für das Personal ist das Arbeiten unter Vollschutz eine schwere körperliche Tätigkeit. Trotz der schweißtreibenden Arbeit ist es unter Vollschutz nicht einmal möglich, einen Schluck Wasser zu trinken. Trinkpausen und der Gang zur Toilette müssen geplant werden. Aber auch medizinische Tätigkeiten, wie das Legen von Zugängen oder das Umbetten eines beatmungspflichtigen Patienten von der Rücken- in die Bauchlage, dauert angesichts der Schutzausrüstung deutlich länger. "Je nach körperlicher Konstitution des Patienten dauert es bis zu einer halben Stunde", erklärt Inslob.

Angst vor dem Virus nehmen

Die Phase vor dem prognostizierten Ansturm hat das BwZKrhs bereits genutzt. Durch Umstrukturierungen erweitert die Klinik die Zahl ihrer Beatmungsplätze. Personal von Abteilungen, die mit intensivpflichtigen Patienten kaum Kontakt hatten, werden geschult. "Wir müssen dem Personal die Berührungsängste vor der infizierten Patientin oder dem infizierten Patienten nehmen und ihnen das Gefühl geben: Ihr schafft das." Die Bilder aus den überfüllten Krankenhäusern in Norditalien oder Spanien sind auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BwZKrhs Koblenz nicht spurlos vorbeigegangen. Insbesondere die jungen Assistenzärztinnen und -ärzte hatten anfänglich Angst, in eine Situation zu kommen, in der sie über Leben und Tod eines Menschen entscheiden müssen. Dabei orientiert sich das BwZKrhs Koblenz an den Leitlinien des Ethikrates. "Die Triage wird nie die Aufgabe des jüngsten Arztes sein und es wird auch nie die Entscheidung einer einzelnen Person sein", betont Thinnes. Die erfahrene Fachärztin kennt aus einem ihrer 18 Auslandseinsätze die Situation, eine Triage vornehmen zu müssen. Diese wird erforderlich, wenn es zu viele Verletzte und zu wenig ärztliches Personal gibt. "Natürlich mache ich mir meine Gedanken und habe für den Worst-Case einen Weg für mich gefunden. Ob das am Ende funktioniert, wird sich dann zeigen." Bisher kann derzeit die gewohnte Individualmedizin im BwZKrhs Koblenz praktiziert werden. Thinnes und Inslob schätzen das Angebot der hauseigenen Psychologen, deren Expertise zu nutzen falls Gesprächsbedarf besteht.

Krise schweißt zusammen

Doch bei aller Anspannung dürfen auch die positiven Seiten in dieser Situation nicht vergessen werden. Sowohl Thinnes als auch Inslob loben die Welle der Hilfs- und Einsatzbereitschaft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Wenn es sein muss, geht ganz viel. Dass habe ich bisher so nur in den Einsätzen erlebt", sagt die Ärztin nicht ohne Stolz in der Stimme. Sie lobt die hohe Bereitschaft des Personals über alle Ebenen hinweg und stellt sich die Frage, warum viele Sachen vor der Krise immer so ein Kampf waren. Derzeit flutscht alles. Das sieht auch Inslob so: "Wenn ich Unterstützung benötige, bekomme ich diese, schnell und unbürokratisch." Der Fachkrankenpfleger für Anästhesie- und Intensivmedizin wünscht sich, dass der tolle Teamgeist auch für die Zeit nach der Corona-Krise erhalten bleibt. Doch daran will er jetzt noch nicht denken. Auf dem Rückweg zeigt sich das neue Gesicht des BwZKrhs Koblenz. Ich gehe über verlassene Flure, die sonst so belebt waren. Die Leere ist irgendwie beklemmend. Die Musik spielt nun woanders. Hinter verschlossenen Türen der Intensivstationen, bei ihrem Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner.

Autor: Uwe Henning/Presse- Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

Weitere Informationen zur Arbeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr lesen Sie hier: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst

Pressekontakt:

Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst
Telefon: 0261 869 13103
pizsanitaetsdienst@bundeswehr.org

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/122038/4571615
OTS: Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst

Original-Content von: Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

729175

weitere Artikel:
  • "Zur Sache Rheinland-Pfalz! Extra" am 16.4.2020, 20:15 Uhr im SWR Fernsehen (FOTO) Mainz (ots) - Was wiegt schwerer: Gesundheit oder Wirtschaft? "Zur Sache Rheinland-Pfalz! Extra" am Donnerstag, 16. April 2020, 20:15 Uhr, SWR Fernsehen Über die Sehnsucht nach Normalität berichtet das Politikmagazin "Zur Sache Rheinland-Pfalz! Extra" am Donnerstag, 16. April 2020, ab 20:15 Uhr im SWR Fernsehen. An den Ostertagen wurde vielen schmerzlich bewusst, was es heißt, auf die sonst als normal empfundene Freiheit zu verzichten. Verwandte konnten nicht besucht werden, beliebte Ausflugsorte waren gesperrt, Gottesdienste fielen aus. mehr...

  • "Der Rassismus in Amerika ist viel spürbarer als in Deutschland" - Barbara Becker zu Gast in "Käpt'ns Dinner" mit Michel Abdollahi Hamburg (ots) - Start der vier neuen Folgen: In der Nacht von Freitag, 17. April, auf Sonnabend, 18. April, 0.00 Uhr, NDR Fernsehen "Der Rassismus in Amerika ist viel spürbarer als in Deutschland." Die Unternehmerin Barbara Becker spricht beim "Käpt'ns Dinner" mit Michel Abdollahi auf einem ausrangierten U-Boot über ihre Wahlheimat Miami in den USA und ihre Sicht auf Deutschland: "Hier merkst du, dass die Leute protestieren. Und dass sie sehr engagiert sind für ihr Land und einfach keine Lust haben, in einem Land zu leben, wo die Leute so auseinanderdividiert mehr...

  • ZDF zeigt neue Folge von "Zeugen des Jahrhunderts" / Margarethe von Trotta im Gespräch mit Gero von Boehm (FOTO) Mainz (ots) - Margarethe von Trotta, Jahrgang 1942, wurde Filmregisseurin, als der Beruf noch eine Männerdomäne war. Mit "Rosa Luxemburg" und "Die bleierne Zeit" schrieb sie bundesdeutsche Filmgeschichte. Wie wurde sie zur engagierten Filmemacherin, wie hat sie die Zeitläufe erlebt? Darüber spricht Gero von Boehm mit ihr am Sonntag, 19. April 2020, 0.35 Uhr, in der ZDF-Sendung "Zeugen des Jahrhunderts". Deutschlands wichtigste Regisseurin lernte in Paris das Filmhandwerk und arbeitete als Schauspielerin mit Rainer Werner Fassbinder und ihrem mehr...

  • Repräsentative FORSA-Umfrage für TV DIGITAL: Ulrike Folkerts ist die beliebteste "Tatort"-Kommissarin der Deutschen - gefolgt von Nora Tschirner und Adele Neuhauser Hamburg (ots) - Zahlreiche Kommissarinnen ermitteln im deutschen TV - doch welche ist die beliebteste? Um das herauszufinden, beauftragte TV DIGITAL (Erstverkaufstag: 17. April 2020) das Meinungsforschungsinstitut FORSA mit einer repräsentativen Umfrage. Dabei wurden 1006 Befragten ab 14 Jahren Fotos der Ermittlerinnen gezeigt. Möglich waren maximal drei Nennungen. Befragungszeitraum: 18. bis 20 März 2020. Die Ergebnisse: "Mit ganz knappem Vorsprung siegt Ulrike Folkerts alias 'Tatort'-Kommissarin Lena Odenthal", so Marcel Holick von FORSA, "und mehr...

  • Das Erste / "Gefragt - Gejagt": Die Schonzeit ist vorbei! Prime-Time-Special am 18. April und 90 neue Folgen ab 4. Mai 2020 um 18:00 Uhr im Ersten München (ots) - Gut ein halbes Jahr war Schonzeit und die Fans der Quizshow "Gefragt - Gejagt" mussten sich gedulden. Jetzt steht die neue Jagdsaison bevor und die beliebte Ratesendung lädt doppelt durch. Am Samstag, 18. April 2020, starten Jäger und Gejagte mit dem Prime-Time-Spezial "Gefragt Gejagt - Quizmarathon" in die neue Saison. Das Besondere des Abends: Bislang war der Samstagabend den Promis vorbehalten; jetzt freuen sich zwölf reguläre Kandidatinnen und Kandidaten darauf, die Jäger zu bezwingen. Moderator Alexander Bommes ist im Jagdfieber: mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht