Das Leben im Corona-Land / Hinter dem Zetern über die vielen Einschränkungen steckt die Angst vor einer tückischen Krankheit, der gerade viel Schützenswertes zum Opfer fällt.
Geschrieben am 28-04-2020 |
Regensburg (ots) - Der immer stärker schwelende Ärger der Bürger über all das Lästige und Unbequeme, das Corona im Alltag mit sich bringt, all das Zetern über Maskenpflicht und zerstörte Urlaubspläne ist auch eine Flucht: Menschen sind Verdrängungsmeister. Das Konzentrieren auf das Kleinklein erspart die Auseinandersetzung damit, wie hochgefährlich das Virus ist. Es hat bis heute über 1700 Menschen im Freistaat das Leben gekostet - weitere Infizierte ringen in diesem Moment mit dem Tod. Ärzte und Pflegepersonal sind trotz aller Sicherheitsvorkehrungen starken Ansteckungsrisiken ausgesetzt. Den Familien der 1700 Toten ist klar, wie konkret die Corona-Gefahr ist. Doch im Grunde macht die Pandemie allen eine Heidenangst. Auch jenen Bürgern, die dieser Tage noch leichtsinnig agieren. Corona fordert viel zu viele Opfer. Doch ist dem Schutz des Lebens im Zweifel wirklich absolut alles unterzuordnen? Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat das soeben mit einem provozierenden Satz zur Debatte gestellt. Die Botschaft war leider unglücklich formuliert und ließ gehörig Raum für Fehlinterpretationen - als ob es darum ginge, in einer Güterabwägung den Schutz des Lebens durch andere Prioritäten zu ersetzen. Im besten Sinn wollte Schäuble mit seinem Vorstoß wachrütteln. Er will eine Diskussion darüber entfachen, was sonst an sehr Schützenswertem in Corona-Zeiten verloren geht. Eine wachsende Zahl von Menschen bangt um den Arbeitsplatz und damit um die eigenständig gesicherte wirtschaftliche Existenz. Im Regensburger Jobcenter haben sich die Hartz-IV-Anträge inzwischen verdreifacht. Jeder Fall: ein Mensch in Not. Das wiegt bei der Abwägung über den künftigen Corona-Kurs nicht schwerer als Menschenleben. Aber es darf nicht ausgeblendet werden. Es gibt viele solcher Problemfelder - nicht zuletzt zählt dazu die Lage der Kinder, deren Leben seit dem Start der Maßnahmen massiv eingeschränkt ist. Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hat daran zu Recht sehr, sehr eindringlich erinnert. Der normale Alltag in Kitas und Schulen mag über Monate hinweg nicht möglich sein. Doch gerade deswegen braucht es möglichst viel sicheren Notbetrieb und auch Familien übergreifende Lösungen. Die gute Nachricht ist: In vielen Bundesländern - auch in Bayern - wird daran schon intensiv gearbeitet. Alles bleibt eine Gratwanderung mit dem schlichten Ziel: So lange kein Impfstoff zur Verfügung steht, sollen sich denkbar wenig Menschen infizieren. Wer trotz aller Vorsichtsmaßnahmen erkrankt, darf zumindest kaum jemand Anderen anstecken. Als Motivation hilft die Erinnerung daran, was auf dem Spiel steht. Wer möchte ernsthaft sich selbst oder Dritte in eine lebensbedrohliche Lage bringen? Die Politik braucht bei der Suche nach guten Konzepten weiter einen großen Vertrauensvorschuss. Speziell die Bundesregierung und auch das bayerische Kabinett haben sich diesen auch verdient. Mag man an einzelnen Maßnahmen zweifeln: Unter dem Strich ist das Krisenmanagement weiter beachtlich. Die Losung "Was immer es kostet", die Ministerpräsident Markus Söder für die Rettungspakete des Freistaats ausgegeben hat, war angesichts der Misere ziemlich alternativlos. Der Rettungsschirm des Freistaats mit einem Gesamtvolumen von 80 Milliarden Euro federt die schlimmsten Härten ab. Die 80 Milliarden Euro sind nichtsdestotrotz eine hohe Last für die Zukunft. Ab 2024 sollen die Corona-Staatsschulden in höchst ambitionierten Tranchen von jährlich einer Milliarde abgebaut werden. Nach dieser Rechnung wäre der Schaden für den Staatshaushalt bestenfalls bis 2104 beglichen. Auch diese Zahl macht deutlich, dass Corona nicht nur ein brutaler Störfall des Jahres 2020 ist.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4583491
OTS: Mittelbayerische Zeitung
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
730982
weitere Artikel:
- zum Lockdown in der Gastronomie Stuttgart (ots) - Auf die Frage, ob Hotels und Gaststätten bald wieder öffnen könnten, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, das werde man entscheiden, wenn es verantwortlich sei. Geklärt ist damit nichts. Wirte und Hotelier müssen weiter bangen, wann auch sie bei etwaigen Lockerungen am Zuge sein könnten. Wirte werden sich weiter mit Lieferdiensten über Wasser halten müssen, Hoteliers auf die verbleibenden Geschäftsreisenden hoffen. Auch wenn man über die Öffnung zum jetzigen Zeitpunkt angesichts der Infektionszahlen streiten kann. Die mehr...
- Kommentar: Parteien beschädigen den Parlamentarismus Düsseldorf (ots) - Wenn jeder nur an sich denkt, ist ja an alle gedacht." Wie krachend falsch diese Logik ist, lässt sich beim Thema Wahlrecht im Deutschen Bundestag besichtigen. Alle wissen, dass die Bürger allmählich die Geduld verlieren, welches Armutszeugnis die Abgeordneten bei dem Versuch abliefern, den schon 2017 um 111 Mandate aufgeblähten Bundestag nicht erneut anwachsen zu lassen. Statt 598 hat das Parlament derzeit 709 Abgeordnete. Wenn nichts geschieht, sind als Ergebnis der Bundestagswahlen im nächsten Jahr 800, ja 900 möglich. Es mehr...
- Kommentar: Jedes Land muss sein eigenes Tempo finden Düsseldorf (ots) - Der neue Beschluss der Kultusministerkonferenz lässt den Ländern viele Freiheiten beim Neustart der Schulen. "Jede Schülerin und jeder Schüler soll bis zu dem Beginn der Sommerferien tage- oder wochenweise die Schule besuchen können", steht in dem Konzept lediglich zu lesen. Wie die Bundesländer dies umsetzen, ist weitgehend ihnen überlassen. Darüber, dass als nächstes die Viertklässler und diejenigen Schüler an der Reihe sind, denen im kommenden Jahr Prüfungen bevorstehen, besteht zwischen den Ländern zwar noch Konsens. Danach mehr...
- NRW-Philologenverband begrüßt KMK-Entscheidung Düsseldorf (ots) - Die Gymnasiallehrer in NRW begrüßen die Entscheidung der Kultusministerkonferenz (KMK), bis auf weiteres keinen regulären Schulbesuch zu ermöglichen. "Wir teilen die Auffassung der KMK, dass bis zu den Sommerferien kein regulärer Unterricht stattfinden kann. Angesichts steigender Infektionszahlen müssen wir auf Sicht fahren und weitere Schritte bei der Öffnung der Schulen genau überlegen", sagte die Landesvorsitzende des Philologenverbandes NRW, Sabine Mistler, der Düsseldorf "Rheinischen Post" (Mittwoch). Es sei gut, dass die mehr...
- Corona-Krise: Niedersachsens Ministerpräsident übt scharfe Kritik an Aussage von Grünen-Politiker Palmer Osnabrück (ots) - Weil: Ich frage mich, ob Herr Palmer so auch über seine eigenen Eltern reden würde
Hannover. "Das ist ebenso zynisch wie falsch": Mit Empörung hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf eine Aussage des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer reagiert. Der Grünen-Politiker hatte den weltweiten Lockdown der Wirtschaft wegen der Corona-Krise erneut scharf kritisiert und mit einer Aussage besonders provoziert: "Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|