10.000. DBU-Projekt vereint Artenschutz und Energiewende / Modellprojekt in Bayern setzt Meilenstein für bürgernahe Stromproduktion
Geschrieben am 04-06-2020 |
Bodenkirchen/Osnabrück (ots) - Beinahe 30 Jahre fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) innovative und umweltentlastende Modellprojekte. Mehr als 1,8 Milliarden Euro steckte sie in Umwelttechnik, -forschung, -bildung, Kulturgüter- und Naturschutz. Nun knackte sie eine weitere Marke: 10.000 geförderte Projekte! "Das sind 10.000 Ideen, die mit ganz unterschiedlichen Ansätzen unsere Welt ein Stück weit verbessern", so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. So auch Nummer 10.000 - ein Projekt der regionalwerke (Bodenkirchen) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (Freising) sowie Prof. Schaller UmweltConsult (München). Das Projekt "erhöht die Akzeptanz für die Energiewende, zeigt dem Verbraucher auch mit Hilfe digitaler Technik konkret, welchen Einfluss sein Konsum grünen Stroms auf die Umwelt vor Ort hat und dass Stromerzeugen und Natur- und Artenschutz kein Widerspruch sein müssen", so Bonde. Die DBU fördert das Projekt fachlich und finanziell mit 125.000 Euro.
Artenvielfalt stärken und Erneuerbare Energien wirtschaftlich nutzen
Energie ernten und gleichzeitig die Artenvielfalt fördern, das war die Ausgangsidee, die Projektleiter Andreas Engl beflügelte. "Wir sollten das Kapital der Natur schonen und von deren Zinsen leben", das Zitat von Heinz Sielmann, Träger des Deutschen Umweltpreises der DBU, bringt es für den Umwelt- und Energiemanager exakt auf den Punkt. Ein Solarfeld in der Landschaft ist für ihn ein vom Menschen geprägtes Ökosystem, dessen lebende Komponenten Mensch, Pflanze und Tier von den Faktoren Boden, Wasser und Luft gleichermaßen versorgt werden müssen und wechselseitig miteinander agieren. So entstehe ein Ökosystem mit einer dem Standort entsprechenden Artenvielfalt. Sein eigenes Solarfeld diente Engl als Versuchsobjekt, als er es mit Streuobstwiesen, Hecken, Feuchtgebieten, Nistkästen und Trockenmauern einrahmte, um eine möglichst hohe Strukturvielfalt zu erzielen. Er stellte fest, dass eine sinnvolle Doppelnutzung der Fläche entstehe, sowohl für die Artenvielfalt als auch für die Energieproduktion. "In einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland ist das besonders wichtig, wenn wir die Natur erhalten und gleichzeitig die Energiewende schaffen wollen", fasst Engl zusammen.
Aufbau dezentraler Kraftwerkstrukturen oft kritisch begleitet
"Um dem Klimawandel begegnen zu können und das nachhaltige Versorgen mit Erneuerbarer Energie in Deutschland und der ganzen Welt zu erreichen, brauchen wir möglichst zeitnah zahlreiche solcher dezentralen Solar- oder Windparks", unterstreicht auch Dr. Volker Wachendörfer vom DBU-Referat für Naturschutz. Die Vorteile der Erneuerbaren Energien für Mensch und Natur kämen dabei nur selten zur Sprache. Das führe in manchen Fällen zu recht einseitigen Protesten, wenn es um das Planen von Solarparks oder Windrädern gehe. Dabei könne man Naturschutz und Erneuerbare Energien miteinander verbinden.
Ein Einblick in die Stromerzeugung vor Ort
Hier setzt das Projekt an. "Wir wollen erstmals die Auswirkungen Erneuerbarer-Energien-Anlagen für Mensch und Natur bewerten und gleichzeitig Maßnahmen zum Verbessern erarbeiten. Das Ziel ist die Aufwertung der entsprechenden Flächen und eine doppelte Flächennutzung: zur Energieproduktion und als Biotop für die stark bedrohte Artenvielfalt in Deutschland. Dadurch erhalten die Verbraucher erstmals einen Einblick in die Energieproduktion und können sie zudem nach ihren Wünschen ökologischer gestalten, für eine Energiewende im Einklang mit der Natur", so Engl. Im Fokus der Bewertungen würden dabei bestimmte Tier- und Pflanzenarten sowie Biotoptypen stehen, also bestimmte Lebensräume von Lebensgemeinschaften in einem Gebiet, deren Vorkommen verlässlich Aufschluss über die Qualität ihrer Umgebung liefert. Je mehr von ihnen zu finden seien, desto besser. So könne sich der Verbraucher ein eigenes Bild von "seiner" Stromanlage machen und erkennen, dass grüner Strom und eine intakte Tier- und Pflanzenwelt zusammen möglich seien. "Wer also grünen Strom bezieht, der kann gleichzeitig die Natur schützen. Das ist der große Vorteil gegenüber den regulären Kraftwerken. Für die Gesellschaft entsteht ein Mehrwert, den wir mit dem Einsatz digitaler Technologien erfassen, dokumentieren und vermitteln wollen", erläutert Engl den Projektansatz.
EULE ist übertragbar auf Windkraft, Wasserkraft und Biomasse
Getestet wird in Bayern. Zunächst soll sich der Einsatz des Systems auf das Bewerten von Solarfeldern beschränken. Kunden der regionalwerke würden dann pro Kilowattstunde einen Aufpreis von einem Cent zahlen, Geld, mit dem der zertifizierte Anlagenbetreiber umweltfreundliche Maßnahmen umsetzen könne. Anschließend soll dieses System auch den Stadtwerken zur Vermarktung angeboten werden. "Wenn 2021 nach dann 20 Jahren die ersten Anlagen ihre gesicherte Einspeisevergütung verlieren, müssen sie sich gegenüber der konventionellen Energieerzeugung behaupten. Entfällt die Einspeisevergütung, die den Stromerzeugern einen Mindestpreis für ihr Produkt garantiert, müssen die teureren Erneuerbaren Energien auf dem Markt mit den regulären konkurrieren. Das ist insofern schwierig, da Strom an der Börse ohne Qualitätseigenschaften als Einheitsprodukt gehandelt wird. Bewertet man aber auch die zusätzlichen positiven Umweltwirkungen der Erneuerbaren Energien, wächst die Wertschätzung für grünen Strom", so Wachendörfer. Später lasse sich das Prinzip auch auf andere Erneuerbare Energien wie Windkraft, Wasserkraft oder Biomasse ausweiten.
10.000 geförderte Projekte
Mit dem Evaluierungssystem für eine umweltfreundliche und landschaftsverträgliche Energiewende (EULE) "erreicht die DBU einen weiteren Meilenstein", betonte Bonde. Es handle sich um ein klassisches Beispiel für die Vielfalt der Förderthemen, denn es vereine unterschiedlichste Aspekte wie Erneuerbare Energien, Digitalisierung und Natur- und Artenschutz. Außerdem könne es zu mehr Akzeptanz für die Energiewende führen, weil Bürger direkt beteiligt würden und deutlich werde, dass Naturschutz und das Erzeugen von Strom zugleich möglich seien.
DBU nahm 1. März 1991 die Förderarbeit auf
Die DBU fördert seit dem 1. März 1991 mit ihren Projekten die Kreativität kleiner Unternehmen bei der praktischen Lösung von Umweltproblemen und gibt Anreize für ökologische Innovationen. Sie setzt durch die Förderung umweltfreundlicher Produktionsverfahren auf den vorbeugenden Umweltschutz. Sie unterstützt den Austausch von Wissen über die Umwelt zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und anderen Stellen. Die DBU Naturerbe GmbH, eine gemeinnützige "Tochter" der DBU, versteht sich als Treuhänderin für das Nationale Naturerbe. Auf ihren 71 Flächen mit insgesamt 70.000 Hektar - größtenteils ehemalige, vom Bund übernommene Militärflächen - sollen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, naturnahe Wälder ohne menschlichen Eingriff zu neuer Wildnis entwickelt, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführt und Feuchtbiotope ökologisch aufgewertet und erhalten werden.
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