(Registrieren)

Ganzheitlicher Kinderschutz statt partieller Strafverschärfung

Geschrieben am 15-06-2020

Freiburg (ots) - Infolge erneuter massiver Fälle sexuellen Missbrauchs und Ausbeutung von Kindern diskutiert die Politik eine Strafmaßerhöhung. Entscheidend für die Prävention und den Schutz von Betroffenen ist jedoch auch die Vernetzung und Sensibilisierung von Akteuren für Kinderschutz und gegen Handel mit Kindern. Missbrauchsabbildungen stellen Fälle von Handel mit Kindern dar und müssen entsprechend geahndet werden, sowohl juristisch als auch gesellschaftlich.

Nach Bekanntwerden der massiven Fälle von Kindesmissbrauch und Ausbeutung in Münster ist eine Diskussion auf politischer Ebene um Strafmaßerhöhung im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch und Missbrauchsabbildungen von Kindern entbrannt. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sprach sich nun für eine Erweiterung des Strafrahmens bezüglich beider Deliktsbereiche aus. Kindesmissbrauch soll demnach auch dann als Verbrechen eingestuft werden, wenn keine körperliche Gewalt ausgeübt wird. Die Verbreitung, Erwerb oder Besitz von "kinderpornografischen Schriften" soll ebenfalls nicht mehr nur ein Vergehen, sondern als Verbrechen mit einer Mindesthaftstrafe von einem Jahr gelten. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig will dazu einen Antrag in der nächsten Bundesratssitzung einreichen. Mit den geplanten Änderungen würde der Gesetzgeber einen entsprechenden Beschluss der Innenministerkonferenz von 2019 umsetzen.

Missbrauchsabbildungen sind Handel und Ausbeutung von Kindern

ECPAT Deutschland e.V. begrüßt die geplante Ausweitung des Strafrahmens und fordert eine zügige Strafrechtsnovellierung, die auch den Begriff "Kinderpornographie" durch "Missbrauchsabbildungen von Kindern" ersetzt. Zudem fällt die Vermarktung und Ausbeutung von Kindern gemäß der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer unter das Delikt des Menschenhandels.

Bestehende Gremien und Erkenntnisse in Anwendung bringen statt neuer Dialogforen

Kinderschutz bedeutet mehr als nur juristische Maßnahmen. Auch wenn sich im Strafmaß die gesellschaftliche Ächtung solcher Handlungen spiegelt und es ein deutliches Signal an Täter_innen sendet: Für die Verhinderung dieser Delikte und den Schutz von Kindern braucht es sensibilisierte Fachkräfte. Betroffene Kinder und Jugendliche sowie hinter dem Menschenhandel liegende Strukturen können nur erkannt werden, wenn Fachkräfte aus Kinderschutz, Beratungsstellen, dem Gesundheitswesen, Strafverfolgung und Justiz entsprechend geschult sind und Hand in Hand an Fällen arbeiten. Bereits 2018 forderte die Kinderkommission des Deutschen Bundestags verpflichtende Qualifizierung aller an familiengerichtlichen Verfahren Beteiligten.

Es ist dringend an der Zeit, die vorliegenden Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Dazu bedarf es keines neuen Dialogforums, wie von Ministerin Lambrecht gefordert. Stattdessen müssen bestehende Gremien wie der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen, erst 2019 als interdisziplinärer Dialog zwischen Bund, Ländern und Kommunen beim Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gegründet, genutzt werden.

Es braucht Netzwerke, um kriminelle Netzwerke zu besiegen - Das Bundeskooperationskonzept

Zudem veröffentlichte das BMFSFJ 2018 das Bundeskooperationskonzept "Schutz und Hilfen bei Handel mit und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen". Im Auftrag des Ministeriums unterstützt ECPAT Deutschland e.V. Kommunen und Bundesländer bei dessen Umsetzung - so flächendeckend wie möglich. Es braucht Netzwerke, um kriminelle Netzwerke zu besiegen.

Die Fachstelle ECPAT Deutschland

ECPAT Deutschland - die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder gegen sexuelle Ausbeutung - ist ein bundesweiter Zusammenschluss von 29 Organisationen, Hilfswerken und Beratungsstellen. ECPAT engagiert sich in den Arbeitsbereichen Politik, Justiz, Wirtschaft und Bildung und führt in Zusammenarbeit mit (nicht)staatlichen Partnern Maßnahmen und Projekte zur Sensibilisierung der Fachöffentlichkeit, zur Entwicklung von Präventivmaßnahmen und zur Schaffung von rechtlichen Grundlagen zum Schutz der Kinder durch. ECPAT unterstützt Behörden und Bundesländer mit Vernetzungs- und Fortbildungsmaßnahmen als Handlungsorientierung zur Thematik Menschenhandel und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen. Die Fachstelle wurde 2001 in Freiburg gegründet und ist Teil des Dachverbandes ECPAT International mit Sitz in Bangkok/Thailand.

Pressekontakt:


ECPAT Deutschland e.V. - Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder
vor sexueller Ausbeutung, Dr. Dorothea Czarnecki, Alfred-Döblin-Platz 1,
79100 Freiburg, czarnecki@ecpat.de, T. 0177-4980882, http://www.ecpat.de /
http://www.terminologie.ecpat.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/53628/4624350
OTS: ECPAT Deutschland e.V.

Original-Content von: ECPAT Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

736859

weitere Artikel:
  • Flughafengesellschaft wird Fall für Rechnungshöfe Sperrfrist: 15.06.2020 16:40 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. Berlin (ots) - Die Finanzplanung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg GmbH (FBB) beschäftigt nach Informationen von rbb24 Recherche derzeit auch die Rechnungshöfe der Länder Berlin und Brandenburg. Ein Sprecher des Berliner Rechnungshofs erklärte, dass "die Rechnungshöfe der Länder Berlin und Brandenburg derzeit in Gesprächen über den Sachverhalt" seien. Der Landesrechnungshof Brandenburg teilte mehr...

  • Stegemann/Färber: Zulassung von innovativen Pflanzenschutzmitteln erleichtern Berlin (ots) - Öffentliche Anhörung im Bundestag zu Pflanzenschutzmitteln und Zulassungspraxis Der Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat am heutigen Montag eine öffentliche Anhörung mit Experten zu Pflanzenschutzmitteln und deren Zulassungspraxis durchgeführt. Dazu erklären der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, sowie der zuständige Berichterstatter Hermann Färber: Albert Stegemann: "Im Bereich der Saatgut- und der Pflanzenschutzforschung nimmt Deutschland weltweit eine Spitzenposition mehr...

  • neues deutschland: Berlins Bildungssenatorin Scheeres verteidigt Komplettöffnung der Schulen Berlin (ots) - Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht die Schulen der Hauptstadt gut vorbereitet für die angekündigte Rückkehr zum Regelbetrieb nach den Sommerferien. Wie Scheeres der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Dienstagsausgabe) sagte, sei die Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen in Berlin "jetzt über einen langen Zeitraum auf niedrigem Niveau stabil" geblieben: "Und wenn das so bleibt, finde ich, dass eine Komplettöffnung vertretbar ist." Ihr sei zwar bewusst, dass es "in manchen Schulen in den nächsten mehr...

  • Bundesregierung wertet Covid-19 nicht als Berufskrankheit Berlin (ots) - Die Bundesregierung will Covid-19 nicht als Berufskrankheit anerkennen. Das geht aus einem Schreiben des zuständigen Staatssekretärs im Arbeitsministerium, Rolf Schmachtenberg (SPD), an die Berliner Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) hervor, berichtet der "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Breitenbach hatte vor einigen Wochen an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) appelliert, das durch Sars-Cov-2 ausgelöste Lungenleiden in Branchen mit viel Publikumsverkehr als Berufskrankheit registrieren zu lassen - beispielsweise für mehr...

  • NRW will Polizeiaufsicht neu regeln Köln (ots) - Die schwarz-gelbe Landesregierung von NRW plant, die Fachaufsicht über die 47 Polizeibehörden im Land neu zu organisieren. "Wir wollen künftig nicht immer erst reagieren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist", sagte Daniela Lesmeister, Leiterin der Polizeiabteilung im Düsseldorfer Innenministerium, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe). Bislang ist das Innenministerium für die Fachaufsicht über den Apparat mit rund 50 000 Mitarbeitern zuständig. Künftig sollen die Aufgaben auf die drei Landesoberbehörden der Polizei - mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht