Schwerer Tag / Kommentar der Allgemeinen Zeitung Mainz zu den Corona-Entscheidungen
Geschrieben am 28-10-2020 |
Mainz (ots) - Mit dem Wissen von heute würde man keine Friseure und keinen Einzelhandel mehr schließen, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn noch vor wenigen Wochen. Immerhin: Diese Geschäfte sollen anders als im Frühjahr offen bleiben, auch die Schulen und Kitas. Aber sonst? Wird das öffentliche Leben weitgehend stillgelegt. Das ist hammerhart. Eigentlich sollte man mit dem Wissen von heute auch so etwas wie Beherbergungsverbote nicht mehr beschließen - und hat es jetzt doch getan, quasi. Nur in einem noch viel drastischeren Ausmaß und weit über die Hotels hinaus. Befristet ist das bis Ende November. Aber ehrlicherweise muss man sagen: Das Ende ist offen. Bis zum Frühling ist es weit. Und bis ein Impfstoff hilft, kann es Jahre dauern. Wenn dieser "Wellenbrecher"-Lockdown jetzt nichts bringt - was kommt dann? "Das ist ein schwerer Tag", sagte Kanzlerin Merkel. Wie sehr dieser schwere Tag das Land verändern wird, ist noch gar nicht absehbar. Der Gesundheitsschutz ist überlebenswichtig, gewiss. Aber ein Kernproblem sind die wirtschaftlichen Folgen, die wiederum zu gesellschaftlichen Verwerfungen führen könnten, von denen wir erst die Anfänge sehen. Ob die strengen Maßnahmen jetzt verhältnismäßig sind - daran sind sehr große Zweifel angebracht. Ebenso, ob sie vor Gericht Bestand haben werden. Gastronomie und Hotels etwa sind keine Treiber dieser Pandemie. Trotzdem sollen sie weitgehend dichtgemacht werden. Dafür sollen sich die Menschen Speisen und Getränke mit nach Hause nehmen dürfen - obwohl private Zusammenkünfte ja gerade als Treiber der Infektionen gelten. Wie passt das zusammen? Eben: gar nicht. Dieses Beispiel lässt sich auf weitere Branchen übertragen, etwa auf Kultur- und Freizeitveranstaltungen. Auch dort hat man Hygienekonzepte erarbeitet. All diese Betriebe pauschal stillzulegen, ist: hammerhart. Einen so großen Finanzausgleich für hunderttausende Unternehmen und Millionen Arbeitnehmer und Selbstständige kann es auf Dauer gar nicht geben. Ganz sicher: Die Kanzlerin und die Länderchefs haben die allerbesten Absichten. Das Coronavirus ist eine Bedrohung. Aber es gibt auch ernstzunehmende Wissenschaftler und Mediziner - keine Corona-Leugner -, die die Konzentration auf das Ziel, jeden Kontakt eines Infizierten nachverfolgen zu wollen, für die falsche Strategie halten. Ebenfalls ganz sicher: Abstand halten, Maske tragen, Hygieneregeln beachten - eigentlich ist das nicht so schwer. Für sehr viele Mitmenschen aber offenbar schon. Deren Ignoranz muss jetzt der vernünftige Rest ausbaden. Warum sieht man eigentlich immer noch so viele Menschen, vor allem jüngere, die ihren Bekannten zur Begrüßung - Küsschen links, Küsschen rechts - um den Hals fallen? Man könnte noch weitere zu diskutierende Punkte nennen: Dass die Länder mit besonders harten, pauschalen Maßnahmen (Spanien, Italien...) vergleichsweise große Probleme hatten und haben. Oder dass all diese Maßnahmen endlich auch in die Parlamente gehören - nicht als Debatte, sondern als Beschlussvorlage. Eine Demokratie ist keine Alleinveranstaltung der Regierung. Die wichtigen Corona-Maßnahmen verlieren dann an Akzeptanz, wenn sie offensichtlich die Falschen treffen - oder wenn sie den Menschen Bürden auferlegen, die sie auf Dauer nicht tragen können.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485924
desk-zentral@vrm.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/65597/4747703
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz
Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
754221
weitere Artikel:
- Mit Kraft aus der Krise: Einigkeit der Branche ist der Schlüssel für langfristige Veränderungen im Gesundheitssystem Berlin (ots) - Die Corona-Pandemie stellt die Hilfsmittelversorgung vor große Herausforderungen: So fielen Leistungserbringer während des Lockdowns im Frühjahr in eine Schublade mit Handel, Drogerien oder Tankstellen. Eine politische Fehleinschätzung. Letztlich durften die Sanitätshäuser zwar geöffnet bleiben - waren allerdings nicht in die Versorgungsprozesse mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA) eingegliedert. In der Podiumsdiskussion im Rahmen der OTWorld.connect "Hilfsmittelversorgung: #systemrelevant" stellten sich heute Alf Reuter, Präsident mehr...
- Bischof Bätzing zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung Bonn (ots) - Anlässlich der heutigen (28. Oktober 2020) Konferenz der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing:
"Die heutigen Beschlüsse der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten zum weiteren Vorgehen gegen die zweite Welle der Pandemie sind Maßnahmen, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu begrenzen. Wir sind den politisch Verantwortlichen dankbar für ihren Einsatz.
Dringend rufe ich dazu auf, sich angesichts der mehr...
- zu Corona-Beschlüssenn/Merkel/Miniserpräsidenten/Lockdown Köln (ots) - Ein Akt der
Verzweiflung Cordula v. Wysocki über die Lockdown-Entscheidung Jetzt also doch. Das öffentliche Leben wieder runterfahren, zurück in den Lockdown. Türen zu, und durch. Muss das wirklich sein? Die Entwicklung des Infektionsgeschehens lässt offenbar keine andere Wahl, als mit härterem Kurs gegenzusteuern. Die bisherigen Maßnahmen - von Maskenpflicht bis zum kippeligen Beherbergungsverbot - haben das Virus jedenfalls nicht gebremst. Schon das waren Auflagen unter dem Vorzeichen der Ratlosigkeit. Was jetzt folgt, gleicht mehr...
- Mit den Gastronomen leiden alle - der Unmut wächst Essen (ots) - Wenn Politiker sagen, dass der Lockdown dafür sorgt, dass wir mit der Familie fröhlich Weihnachten feiern können, dann klingt das wenig glaubhaft. Möglich, dass die Zahlen bis Ende November sinken. Doch sie dürften wieder steigen, wenn wieder gelockert wird. Dieser Mechanismus wird bleiben. Es ist bitter und nicht einzusehen, dass die vielen Gastronomen oder andere Betriebe, die größte Mühe in Hygienemaßnahmen investiert haben, nun dafür bluten müssen, dass einige Unvernünftige die Ansteckung durch die Gesellschaft treiben. Die Betriebe mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu den von der Bundesregierung beschlossenen Kontaktbeschränkungen. Stuttgart (ots) - Um ohne noch drastischere und langwierigere Eingriffe durch den Winter zu kommen, braucht es offensichtlich vor allem eines: wirksame und nachvollziehbare Frühwarnsysteme, auf die sich alle verlassen können. Immer härtere Maßnahmen machen irgendwann auch jene mürbe, die die ganze Zeit über brav daran mitgearbeitet haben, die zweite Welle zu brechen. Vielleicht hilft es da, dass nach der sich nun abzeichnenden Durststrecke im November ein gemeinsames Ziel steht: Weihnachten im Kreise der Lieben - möglichst ohne Kontaktbeschränkungen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|