(Registrieren)

taz-Kommentar von Tobias Schulze zu den Folgen der US-Wahl auf die Transatlantischen Beziehungen

Geschrieben am 04-11-2020

Berliin (ots) - Berlin und Brüssel haben ein Problem

Europa hat nach dieser US-Wahl ein Problem, egal wie sie am Ende ausgegangen sein wird. Regiert Donald Trump weitere vier Jahre, womit wir uns Stand Mittwochmittag ernsthaft beschäftigen müssen, gilt das besonders: In seinem Ego bestärkt, würde er seinen außenpolitischen Kurs der Regellosigkeit, der Alleingänge und des Wankelmuts wohl weiter eskalieren. Gewinnt doch noch Joe Biden, wäre das auch nur eine Atempause: Sein Mandat wäre so schwach wie der Zustand der amerikanischen Demokratie. Gut möglich, dass nach vier Jahren Biden wieder ein Trumpist das Weiße Haus übernähme.

Die USA entwickeln sich also vom ehemaligen Partner (zugegeben: einem schwierigen) zum potenziellen Systemrivalen. Über die Antwort darauf waren sich deutsche Politiker*innen am Morgen ziemlich einig. Die EU müsse geeint (Grünen-Baerbock), souverän (SPD-Annen) und selbstbewusst (CSU-Weber) auftreten. Das ist eine schöne Idee. Leider passt sie aber nicht zur Realität.

Die EU ist durchsetzt von Gesinnungsgenossen Trumps, sie kann also gar nicht geeint gegen den Antidemokraten auftreten. Einen Vorgeschmack lieferte am Vormittag der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa (https://twitter.com/JJansaSDS/status/1323913419200864256) . Er gratulierte dem Republikaner entgegen der Fakten schon zum Wahlsieg und holzte nebenbei ganz in dessen Slang ("Mainstream Media") gegen Journalist*innen. Es wäre kein Wunder, wenn Regierungen wie die in Ungarn und Polen dem Slowenen folgen würden, zumal sie neben ideologischen Schnittmengen auch noch gemeinsame Interessen mit Trump haben. Die polnische PiS-Regierung wünscht sich zum Beispiel mehr US-Truppen in ihrem Land. Warum sollte sie sich also gemeinsam mit liberal regierten EU-Staaten gegen den US-Präsidenten stellen?

In der Vergangenheit war die Rede vom Europa der zwei Geschwindigkeiten. Das war schon ernüchternd. Heute haben wir in grundlegenden Fragen ein Europa der zwei Richtungen. Das ist bitter. Denn zur Antwort auf die Krise der US-Demokratie taugt die EU damit nicht. Und das bitterste: Eine bessere Antwort ist noch nicht mal in Sicht.

Pressekontakt:

taz - die tageszeitung
Wolfgang Gast
Telefon: +49 30 25902 255
meinung@taz.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/42630/4753858
OTS: taz - die tageszeitung

Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

755200

weitere Artikel:
  • Ein globaler Skandal Frankfurter Rundschau (ots) - Der Austritt der USA aus dem Weltklima-Abkommen ist vollzogen - just am Tag nach der Präsidentenwahl. Das ist ein Skandal, was sonst. Ausgerechnet das Land, das historisch mit Abstand die meisten Treibhausgase in die Atmosphäre gepustet hat und heute noch globaler Einheizer Nummer zwei ist, stiehlt sich aus der Verantwortung. Der von Präsident Trump durchgesetzte Austritt, sollte er nicht von einem noch möglichen Nachfolger Biden revidiert werden, erhöht die Gefahr einer Heißzeit auf dem Globus. Es sinkt der Druck mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu politischem Extremismus Halle (ots) - Dass Deradikalisierungs-Programme wirken, ist nicht sicher. Die jüngsten Fälle in Dresden und Wien belegen dies leider eindrücklich. Gleichwohl gibt es zu ihnen keine Alternative. Solche Programme sind jedenfalls weniger personalaufwendig und damit weniger kostspielig als der Versuch, Gefährder - egal ob islamistisch oder rechtsextremistisch - rund um die Uhr zu überwachen. Tatsächlich müssen die Sicherheitsbehörden zumindest in den nächsten Monaten an zwei Fronten kämpfen. Zwar gilt der Rechtsextremismus derzeit als die größte mehr...

  • Wahlen in den USA/ Erst einmal tief Luft holen / Trump erschüttert den Glauben an das demokratische System, doch ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung applaudiert ihm./ Kommentar von Bettina Gaus Berlin (ots) - Wie auch immer die Präsidentschaftswahl in den USA am Ende ausgehen wird, etwas steht jetzt schon fest: Wer in der Meinungsforschung beschäftigt ist, sollte einen Berufswechsel ins Auge fassen. Jede Kristallkugel ist zuverlässiger als diese Branche. Einmal kann eine katastrophale Fehleinschätzung wie die von 2016 verziehen werden, als ein Sieg von Hillary Clinton sicher zu sein schien. Sobald es aber ein zweites Mal passiert, ist Vertrauen dauerhaft verspielt. Selbst wenn Joe Biden die Präsidentschaft doch noch erringen sollte: Von mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zur US-Wahl Halle (ots) - Amerika war schon vor Trumps Amtsantritt nicht mehr die Supermacht alter Stärke. Aber die Demokratien dieser Welt brauchen selbst ein schwächer gewordenes Amerika an ihrer Seite. Es wäre ein hoffnungsvolles Signal, wenn man am Ende der Ära Trump zumindest sagen könnte: Der Rechtspopulismus wurde abgewählt, weil er sich als unfähig erwiesen hat, mit der Corona-Pandemie die erste globale Krise des 20. Jahrhunderts zu managen. Man mag den Amerikanern zurufen, sorgt dafür, dass eines Tages in euren Geschichtsbüchern steht: Die US-Demokratie mehr...

  • Sharing-Dienste brauchen Regeln / Kommentar von Christian Latz zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Berliner Sharing-Marktes Berlin (ots) - Kurzform: Eines der zentralen Probleme der gewerblichen Angebote von E-Scootern, Leihrädern und Carsharing-Wagen ist seit Beginn, dass sie sich nicht gleichmäßig über die Stadt verteilen, sondern dort stehen, wo die Erlöse wegen der Vielzahl an Menschen am höchsten sind: im Zentrum. Mit dem Kniff, die Angebote zur Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes zu erklären, bekommt das Land endlich eine Handhabe, bei Problemen besser reagieren zu können. Im Zweifel, weil dem Anbieter der Lizenzentzug droht. Wichtiger ist jedoch, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht