Söder mahnt CDU-Kandidaten zu Fairness und fordert "geistig-politische Führung" für die Union ein
Geschrieben am 07-11-2020 |
Düsseldorf (ots) - Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz gemahnt, fair miteinander umzugehen und sich im Machtkampf keine politischen Verletzungen zuzufügen. Gleichzeitig machte Söder einen Führungsanspruch für die CSU in der Union deutlich und forderte eine "geistig-politische Führung" ein. "Die Erfolge von Angela Merkel lassen sich nicht so einfach übertragen. Die Union braucht daher mehr als einen Kanzlerkandidaten, sondern auch geistig-politische Führung. Es gibt neue Fragen, auf die wir nicht nur alte Antworten geben können. Es stehen wichtige Weichenstellungen für viele Jahre an. Das wird uns mehr fordern, als der eine oder andere meint", sagte Söder der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag).
Am Ende könne nur eine geschlossene CDU/CSU einen politischen Führungsanspruch stellen, sagte der bayerische Ministerpräsident weiter. "Es gibt derzeit drei respektable Kandidaten für den Parteivorsitz. Mein Eindruck ist, dass die unterschiedlichen Kandidaten nicht nur für unterschiedliche Temperamente, sondern auch für unterschiedliche Inhalte stehen", sagte Söder mit Blick auf Ex-Unionfraktionschef Friedrich Merz, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Außenpolitiker Norbert Röttgen. "Gehen wir aber alle pfleglich miteinander um und schätzen uns wert. Das rate ich auch im Verhältnis von CDU und CSU. Denn jede Verletzung braucht Zeit, um zu heilen. Und viel Zeit für Heilungsprozesse haben wir ab Januar nicht mehr, deswegen sollten wir es gar nicht so weit kommen lassen", sagte Söder zum jüngsten Gerangel in der CDU um ein Datum für einen Parteitag.
Autorisiertes Interview - Passage im Frage-Antwort-Kontext:
Wie bewerten Sie als CSU-Chef das Gerangel in der CDU über einen Parteitag?
Söder Am Ende kann nur eine geschlossene CDU/CSU einen politischen Führungsanspruch stellen. Es gibt derzeit drei respektable Kandidaten für den Parteivorsitz. Mein Eindruck ist, dass die unterschiedlichen Kandidaten nicht nur für unterschiedliche Temperamente, sondern auch für unterschiedliche Inhalte stehen.
Sie erwähnen die Geschlossenheit der CDU. Besitzt Friedrich Merz genug Nerven, diese aufrechtzuerhalten?
Söder Das werden die CDU-Delegierten beantworten. Gehen wir aber alle pfleglich miteinander um und schätzen uns wert. Das rate ich auch im Verhältnis von CDU und CSU. Denn jede Verletzung braucht Zeit, um zu heilen. Und viel Zeit für Heilungsprozesse haben wir ab Januar nicht mehr, deswegen sollten wir es gar nicht so weit kommen lassen.
Das heißt...
Söder Die Wahl im kommenden Jahr wird ein Wimpernschlagfinale. Es ist bei weitem nicht ausgemacht, dass die Union automatisch den Kanzler stellt. Die Erfolge von Angela Merkel lassen sich nicht so einfach übertragen. Die Union braucht daher mehr als einen Kanzlerkandidaten, sondern auch geistig-politische Führung. Es gibt neue Fragen, auf die wir nicht nur alte Antworten geben können. Es stehen wichtige Weichenstellungen für viele Jahre an. Das wird uns mehr fordern, als der eine oder andere meint.
Altkanzler Helmut Kohl sprach von der geistig-moralischen Wende...
Söder Die Stärke und Schwäche von Volksparteien liegt in ihrer Stabilität. Wir dürfen nicht in bekannten und liebgewonnenen Positionen verharren, wenn sich die Welt grundlegend verändert. Es darf nicht nur um die Frage gehen, wann wir einen Parteitag abhalten. Wir dürfen auch nicht nur über Personen reden. Wir brauchen ein modernes und verjüngtes Programm für Deutschland.
Was ist dabei wichtiger, Kandidat oder Programm?
Söder Jüngste Kommunalwahlen haben die großen politischen Trends dieser Zeit vor Augen geführt. Die Union hat Wähler der SPD übernommen, aber im bürgerlichen Lager Stimmen an die Grünen verloren. Die Hoffnung, AfD-Wähler mit konservativeren Positionen zurückzugewinnen, ist eine politische Sackgasse. Unser Platz ist die bürgerliche Mitte.
Ist die zeitgemäße Koalition eine schwarz grüne?
Söder Ich glaube, dass sich viele Bürger eine solche Konstellation wünschen. Ob sich so ein Grundgefühl in Wählerstimmen umsetzen lässt, wird sich zeigen. Es braucht nur die FDP aus dem Bundestag zu fallen - was bei ihrem Verhalten in den letzten drei vier Jahren leider eine Option ist. Und schon können sich Mehrheiten jenseits der Union ergeben. Darauf müssen wir aufpassen.
Sie sprachen vom Wimpernschlagfinale. Spricht das nicht für eine sehr späte Kanzlerkandidatur der Union?
Söder Man muss klug abwägen zwischen der Ungeduld der Partei und der Öffentlichkeit sowie einem geeigneten politischen Zeitpunkt. Dieser heißt nicht: so früh wie möglich. Die SPD hat sich aus innerparteilichen Gründen sehr schnell festgelegt. Ich kann den Ertrag dieser Entscheidung nicht erkennen.
Sie zeichnen ein ziemlich klares Bild, gleichzeitig betonen sie, ihr Platz sei in Bayern. Gibt es eine Konstellation, in der sich das ändern könnte?
Söder Das natürliche Vorschlagsrecht des Unions-Kanzlerkandidaten liegt bei der CDU. Mein Platz ist in Bayern.
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