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Rheinische Post: Parteitag der Ängstlichen - Von SVEN GÖSMANN

Geschrieben am 25-10-2007

Düsseldorf (ots) - Für die Deutschen ist das Glas immer halbleer
und nicht halbvoll. Das muss man im Hinterkopf haben, wenn man die
jüngsten Volten der Sozialdemokraten und ihres Parteichefs Kurt Beck
beurteilt. Die Linksdrift ist taktisch bestimmt, entspringt aber auch
der Beck'schen Gefühlswelt. "Immer langsam mit de Leut" lautet das
Credo des Pfälzers. So werden wir einen Hamburger Parteitag der SPD
erleben, der in das sanfte Licht der Harmonie getaucht sein wird.
Becks Rückkehr zur Stimmungsdemokratie soll die SPD mit ihrer
jüngeren ungeliebten Geschichte als Reformpartei versöhnen. Ob sie
auch zu einer Annäherung an den weggelaufenen Wähler führen wird oder
ob der gleich weiter zu Lafontaines linker Truppe marschiert, ist
jedoch fraglich.

Innerparteilich hat der "Buddha mit Zündschnur" (Andrea Nahles)
seine Explosion schon hinter sich. Nach eineinhalb Jahren des
Einsteckens hat er Müntefering zur Nebenfigur degradiert, und die
internen Kritiker wie Peer Steinbrück sorgen sich vor allem um ihr
Wahlergebnis auf dem Parteitag, weniger um das Land. Das führt zu
grotesken Verrenkungen, wie sie jetzt bei Steinbrücks Auftritt als
großer Kümmerer in der ARD-Show "Hart aber fair" waren. Der "Spiegel"
schmähte ihn und seinen einstigen Mitreformer Steinmeier jüngst als
"Hasenfüße im Gebüsch". Darüber ärgerte sich Steinbrück öffentlich so
sehr, dass man den Verdacht bekommt, er könne in stillen Momenten
Ähnliches über sich denken. Das wie alles andere dürfte man unter
Sinnsuche einer in die Jahre gekommenen Volkspartei verbuchen, würde
Beck mit seiner Agenda Rückwärts nicht jene Ängstlichen ermutigen,
die im Verharren die beste Antwort auf die Fragen der globalisierten
Zukunft sehen.

Auch in der CDU rumort es. Das Taktieren Angela Merkels ist eine
unmittelbare Reaktion auf den Linksschwenk ihres Koalitionspartners.
Die Kanzlerin hat erkannt, dass die soziale Gerechtigkeit oder was
derzeit dafür ausgegeben wird, das zentrale Thema der
Wahlkampfauseinandersetzungen 2009, aber auch der im Frühjahr 2008
anstehenden Landtagswahlen in Hamburg, Hessen und Niedersachsen sein
wird. Die einstigen Erneuerer der Union wie Roland Koch (Hessen) und
Christian Wulff (Niedersachsen) geben sich ebenfalls weichgespült.

Somit verstärkt sich der Trend der letzten Monate, ausgelöst durch
das Erstarken der Linken unter Lafontaine: Die Volksparteien
verfallen in alte Fehler. Ob aus tatsächlicher Überzeugung oder um
dem Wähler zu gefallen, wird die staatliche Regulierung wieder als
probates Mittel zur Lösung aller Probleme gesehen - ob beim
Mindestlohn oder beim Ruf nach dem Aufstocken von Subventionen aller
Art, da wieder mehr Geld in der Kasse sei.

Um bei der Bahn zu bleiben: Der Hamburger Parteitag dürfte eine
Weichenstellung für die gesamte deutsche Politik bringen - leider in
die falsche Richtung: zurück und nicht nach vorn.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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