Wiesbadener Kurier: Kommentar zu Merkel/Afghanistan
Geschrieben am 04-11-2007 |
Wiesbaden (ots) - Überraschungstermin, geheim gehaltene Routen, Splitterschutzweste am Leib. Die besonderen Umstände des ersten Besuchs von Angela Merkel in Afghanistan zeigen: Die Bundeskanzlerin war zu Gast in einem Kriegsgebiet, auf einem mit ständiger Lebensgefahr verbundenen Schlachtfeld. Alle euphemistischen Formeln von deutscher Hilfe beim friedlichen Wiederaufbau des Landes relativieren sich angesichts der tatsächlichen militärisch wie politisch instabilen Lage am Hindukusch. Der Besuch Merkels war eine Demonstration. Für die 3100 im Land stationierten deutschen Soldaten, auf dass sie sich nicht von der Politik vergessen vorkommen. Aber auch für die westlichen Partner und besonders US-Präsident Bush, den Merkel in Kürze besucht, dass Deutschland sein Engagement nicht zurückfahren wird. Die dem afghanischen Präsidenten Karsai versprochene Aufstockung der zivilen Hilfe, etwa in Gestalt zusätzlicher Polizeiausbilder, lässt indes kaum auf eine Stabilisierung hoffen, solange das Regime in Kabul infolge von Korruption und personellen Rivalitäten eher Teil des Problems als der Lösung bleibt. Merkels Erwartung, dass die Afghanen selbst mehr Sicherungsaufgaben übernehmen, steht deshalb auf tönernen Füssen. Die Bundeswehr wird für eine "nicht ganz kurze Zeit" weiter gebraucht, wie die Kanzlerin offen zugab. Und der Einsatz wird immer problematischer, denn Deutschland wird spätestens seit dem Einsatz von Tornado-Aufklärern als Kriegspartei wahrgenommen und behandelt, wie jetzt auch die Aussagen der von Taliban freigelassenen Geisel Rudolf Blechschmidt belegen.
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