ÖPNV: Tragen die Konzepte noch?
Geschrieben am 08-11-2007 |
Düsseldorf/München (ots) - Deloitte-Studie "Die Rolle der ÖPNV" untersucht Situation und Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland
Privatisierungsmaßnahmen und externe Ausschreibungen sind bei den ÖPNV-Aufgabenträgern, z.B. Landkreisen und kreisfreien Städten, eher die Ausnahme. Dabei können ganze 40 Prozent die Finanzierung ihres Angebots in den nächsten fünf Jahren nicht mehr sicherstellen. Zur Verbesserung der Situation setzt ein Großteil auf Kostensenkung, Fahrpreiserhöhung, Neuorganisation und Kooperationen mit anderen kommunalen Verkehrsbetrieben. Knapp die Hälfte beklagt einen mangelnden Einfluss auf die ÖPNV-Gestaltung, die meist bei den Verkehrsbetrieben liegt. Allerdings will die überwältigende Mehrheit es bei der bisherigen Aufgabenteilung zwischen Aufgabenträger und Verkehrsbetrieben belassen - dies zeigt die Deloitte-Studie "Die Rolle der ÖPNV-Aufgabenträger in der Bundesrepublik Deutschland".
Kreise und kreisfreie Städte als Träger des straßengebundenen ÖPNVs gestalten ihre Aufgabenverteilung bundesweit sehr unterschiedlich. Das betrifft abweichende bzw. sich überschneidende Zuständigkeiten, Organisationsformen und die Tatsache, ob ein kommunales Verkehrsunternehmen existiert. Hier zeigt die Studie, dass in Deutschland zumeist Landkreise (zwei Drittel) die Aufgabenträger sind und dass etwa die Hälfte über eigene Verkehrsunternehmen verfügt.
Allen gemeinsam sind jedoch die ungünstigen Finanzierungsperspektiven. Problematisch ist zudem, dass bei überschneidenden Aufgaben Zuständigkeits- und Koordinierungsprobleme auftauchen. So überlässt etwa ein Fünftel der Träger die Kontrolle der Verkehrsleistungen dem jeweiligen Verkehrsunternehmen. Die überwältigende Mehrheit beabsichtigt, daran auch in Zukunft nichts zu ändern. Insgesamt sehen sich die Aufgabenträger hauptsächlich als politisch-strategische Steuerungsinstanz. Sie sind jedoch personell zumeist unzureichend ausgestattet - etwa 80 Prozent der Aufgabenträger verfügt bislang über lediglich einen halben bis zwei Mitarbeiter. Darüber hinaus haben etwa elf Prozent der Städte und Kreise ihre Aufgabenträgerrolle nicht definiert.
"Mit der neuen EU-Verordnung, die in zwei Jahren in Kraft tritt, kommen einige Veränderungen auf die ÖPNV-Träger zu", erklärt Norbert Graetz, Partner von Deloitte. "Die Verordnung räumt den Trägern ein Wahlrecht ein, ob sie die Verkehrsdienste selbst erbringen, einen internen Betreiber damit beauftragen oder diese im Rahmen einer Ausschreibung an Dritte vergeben wollen. Da etwa die Hälfte keinen eigenen Verkehrsbetrieb hat, wird die externe Vergabe von ÖPNV-Leistungen auf lange Sicht zunehmen."
Eigenmaßnahmen statt Privatisierung
Auch auf die Verkehrsunternehmen kommt im Zuge der Liberalisierung des ÖPNV ebenfalls eine Reihe von Herausforderungen zu. Laut Studie handelt es sich bei zwei Dritteln der kommunalen Verkehrsbetriebe um integrierte Gesamtunternehmen, die neben dem Fahrbetrieb auch für Infrastruktur-, Regie- und Managementaufgaben zuständig sind. Wie sich diese Unternehmen auf die Öffnung des Markts vorbereiten, wird von einem Drittel der Aufgabenträger nicht beantwortet. Dort, wo es Überlegungen zur Optimierung gibt, befürworten 18 Prozent der Aufgabenträger und 30 Prozent der Unternehmen Kooperationen bzw. Fusionen mit anderen Verkehrsunternehmen, während nur jeweils sechs Prozent eine Privatisierung bzw. Teilprivatisierung in Betracht ziehen. Zudem setzen die Unternehmen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit verstärkt auf Maßnahmen wie Lohn- und Gehaltssenkung, organisatorische Neuaufstellung und Leistungsvergabe an Subunternehmer. Eine Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur wird nur von vier Prozent der Aufgabenträger erwogen.
Unsichere Finanzierung
Die Finanzierung des Investitionsbedarfs für den ÖPNV ist bei einem Gesamtinvestitionsbedarf von über 35 Mrd. Euro für die meisten ein Problem. Allerdings hat sich der finanzielle Gesamtbedarf für den Betrieb des ÖPNV in den letzten Jahren nur unwesentlich erhöht, was auf einige wirksame Maßnahmen seitens der Träger und Verkehrsunternehmen schließen lässt. Bei der Finanzierung setzt ein Großteil auf Kompensationsmaßnahmen wie Fahrpreiserhöhung und ein reduziertes Leistungsangebot - die Ausschreibung von Verkehrsleistungen im Sinne der neuen EU-Regelung hingegen scheint für die Träger weniger attraktiv.
Geringe Neigung zu Ausschreibungen
Kostendruck, Öffnung der Verkehrsmärkte und das Auftreten privater Verkehrsanbieter haben beim deutschen ÖPNV zwar zu verstärkten Wettbewerbsaktivitäten geführt - allerdings in überschaubarem Rahmen. Noch ist die Bereitschaft, ÖPNV-Leistungen im Wettbewerb zu vergeben, vergleichsweise gering. Nicht mal ein Viertel der Befragten denkt daran, in nächster Zeit Ausschreibungen vorzunehmen, 17 Prozent haben dies bereits getan. Insgesamt fühlen sich darauf aber nur 22 Prozent ausreichend vorbereitet. Das steht in klarem Gegensatz zur neuen EU-Verordnung, die zu mehr Vergabe im Wettbewerb führen wird. Vor allem die Aufgabenträger, die kein eigenes Verkehrsunternehmen besitzen, haben hier Handlungsbedarf.
"Unsere Studie zeigt die große quantitative und qualitative Bandbreite bei einem stark divergierenden Rollenverständnis der jeweiligen Träger - doch beklagen dabei viele einen mangelnden Einfluss auf die ÖPNV-Gestaltung. Die Tatsache, dass nur eine Minderheit die faktische Aufgabenverteilung ändern will, kommt einem freiwilligen Verzicht auf die eigene Steuerungsfunktion gleich. Des Weiteren ist eine große Zahl an Aufgabenträgern nur unzureichend auf Ausschreibungsverfahren vorbereitet. Diese sind jedoch nötig, um dem Kostendruck zu begegnen und den neuen EU-Regeln zu genügen. Es bleibt also noch einiges zu tun", kommentiert Norbert Graetz.
Die komplette Studie erhalten Sie auf Anfrage.
Ende
Deloitte Deutschland
Deloitte ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Deutschland. Das breite Leistungsspektrum umfasst Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting und Corporate Finance-Beratung. Mit 3.700 Mitarbeitern in 18 Niederlassungen betreut Deloitte seit 100 Jahren Unternehmen und Institutionen jeder Rechtsform und Größe aus allen Wirtschaftszweigen. Über den Verbund Deloitte Touche Tohmatsu ist Deloitte mit rund 150.000 Mitarbeitern in über 140 Ländern auf der ganzen Welt vertreten.
Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu, einen Verein schweizerischen Rechts, dessen Mitgliedsunternehmen einschließlich der mit diesen verbundenen Gesellschaften. Als Verein schweizerischen Rechts haften weder Deloitte Touche Tohmatsu als Verein noch dessen Mitgliedsunternehmen für das Handeln oder Unterlassen des/der jeweils anderen. Jedes Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig, auch wenn es unter dem Namen "Deloitte", "Deloitte & Touche", "Deloitte Touche Tohmatsu" oder einem damit verbundenen Namen auftritt. Leistungen werden jeweils durch die einzelnen Mitgliedsunternehmen, nicht jedoch durch den Verein Deloitte Touche Tohmatsu erbracht. Copyright © 2007 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.
Originaltext: Deloitte Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/60247 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_60247.rss2
Pressekontakt: Isabel Milojevic PR Manager Tel +49 89 29036-8825 imilojevic@deloitte.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
103066
weitere Artikel:
- Oliver Wyman- und HypoVereinsbank-Studie "Hochleistungsbranche Automobilzulieferer" / Erfolgsfaktoren für den künftigen Automobilbau München (ots) - - Querverweis: Charts der Studie liegen in der digitalen Pressemappe zum Download vor und sind unter http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar - - Europas Automobilzulieferer agieren mit jährlichem Wachstum von 2,9 Prozent auf Spitzenniveau - Weiter steigender Kostendruck trotz Produktivitätssteigerung um drei bis fünf Prozent im Jahr - Top-Performer verbessern gleichzeitig Kostenposition, Innovationskraft und Kundenorientierung Die Automobilzulieferindustrie zählt zu den wettbewerbsintensivsten mehr...
- MEDICA und COMPAMED 2007 vor dem Start - 4.800 Aussteller aus 65 Nationen Erhebliche Einsparpotenziale durch Einsatz moderner Verfahren Düsseldorf (ots) - In der kommenden Woche, vom 14. bis 17. November 2007, blickt die internationale Medizinbranche wieder nach Düsseldorf. Dann starten die weltgrößte Medizinmesse MEDICA, 39. Weltforum der Medizin mit Kongress, und die COMPAMED, High tech solutions for medical technology - 16. Internationale Fachmesse für Komponenten, Vorprodukte und Rohstoffe für die medizinische Fertigung (Vorjahr: 137.500 Fachbesucher). Insgesamt fast 4.800 Aussteller aus 65 Nationen - so viele wie noch nie zuvor in der Veranstaltungsgeschichte - präsentieren mehr...
- Weniger reden fördert die Innovation Tilburg, Die Niedelande, November 8 (ots/PRNewswire) - - Doktorarbeit von Arne de Vet über Kreativität und Innovation Einige Minuten stillen Nachdenkens auf einer Sitzung stärkt die Innovationsfähigkeit einer Gruppe. So kann sich die Anzahl innovativer Ideen sogar verdoppeln, vor allem in Gruppen, die mindestens eine relativ introvertierte Person umfasst. Zu diesem Schluss kommt Arne de Vet in seiner Dissertation über die Auswirkung stillen Nachdenkens auf Kreativität und Innovation. Innovation ist für die meisten Unternehmen lebenswichtig. mehr...
- Konflikt unter Immobilienmaklern eskaliert: Maklerverband verteidigt hohe Provisionen in Deutschland Bad Soden am Taunus (ots) - Verband legt alternativem Anbieter Austritt nahe - iMakler steht zur Abschaffung der Maklerprovision Der Streit der deutschen Immobilienmakler um die angemessene Höhe ihrer Provisionen eskaliert: Jetzt wendet sich der Maklerverband Immobilienverband Deutschland (IVD-Mitte) per Pressemitteilung gegen das eigene Mitgliedsunternehmen iMakler, das für seine Kunden die Provision abgeschafft hat. Statt eine Provision von bis zu sechs Prozent vom Kaufpreis zu verlangen, berechnet iMakler für seine Maklerdienstleistung mehr...
- Einbruch beim Exportwachstum Berlin (ots) - "Im September verzeichnete der deutsche Außenhandel einen herben Rückgang. Die heute veröffentlichten Zahlen weisen ein Exportwachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von lediglich 3,3 Prozent auf. Damit liegt das Exportwachstum im dritten Quartal jedoch immer noch bei 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum." Dies erklärte Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), zur Veröffentlichung der aktuellen Außenhandelszahlen heute in Berlin. Zuvor hatte das Statistische mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|