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WAZ: Merkel reist heute zu Bush: Maximale Medienwirkung - Leitartikel von Markus Günther

Geschrieben am 08-11-2007

Essen (ots) - Für ausländische Staatsgäste gibt es in Washington
ein ausgeklügeltes Protokoll, das zwischen diplomatischem
Minimalismus und der freundschaftlichen Behandlung erster Klasse
viele feine Abstufungen erlaubt. Wer wird vom Präsidenten selbst
empfangen? Wie lange und wo? Trifft man sich im Oval Office, in der
Privatwohnung im Weißen Haus, auf dem Wochenendsitz in Camp David?
Angela Merkel wird an diesem Wochenende von Bush in den Club
politischer Intimfreunde aufgenommen: Sie darf ihn auf der Ranch in
Texas besuchen.

Beneiden muss man sie um die Einladung nicht. Denn die Ranch
liegt am Ende der Welt, Crawford ist ein gesichtsloses Kaff, und der
Aufenthalt der Kanzlerin, der keine 24 Stunden dauern wird, ist
vollgepackt mit Terminen. Pakistan, Iran, Irak und Afghanistan - die
Themen sind zahlreich und kompliziert. Zeit, die angebliche
Freundschaft zu pflegen, bleibt da kaum. Aber darum geht es auch
nicht. Es geht weder um Privates noch um Politik im eigentlichen
Sinne, sondern in erster Linie um politische Selbstdarstellung.

Der US-Präsident, nun schon fast im letzten Amtsjahr, ist
neuerdings um sein Bild in der Geschichte sehr besorgt (zu Recht!)
und würde gern noch den ein und anderen Schadensfall seiner
Außenpolitik reparieren. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen,
unter Schröder auf einem Tiefpunkt, sind dabei zwar nicht der
heikelste Fall, aber eben doch eine Stelle, an der man auch dem
amerikanischen Publikum zeigen kann: Der Präsident wird in aller Welt
geschätzt, er versteht sich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
mit den Europäern, er tut nichts Eigensinniges und nichts
Unvernünftiges.

Aber auch für Merkel sind die Bilder aus Texas durchaus nützlich.
Die totale Unbeliebtheit des US-Präsidenten in Deutschland mindert
den politischen Prestigewert zwar ein wenig, aber Angela Merkel hat
in den Augen der meisten Deutschen längst bewiesen, dass sie Bush
keinesfalls hörig ist.

Aber sind die Bilder und Botschaften eines solchen Treffens
tatsächlich der Grund, warum so eine Begegnung stattfindet? Wird in
Washington und Berlin tatsächlich kühl kalkuliert, was solche
Fernsehbilder wert sind? Es gibt einen interessanten Hinweis, der bei
der Beantwortung dieser Frage hilft: Staatsbesuche sind im Laufe der
letzten zehn Jahre immer kürzer geworden und dauern heute nur noch
selten länger als 24 Stunden. Auch Angela Merkel ist nur für einen
Abend und einen Morgen in Texas. Das reicht für maximale
Medienwirkung; mehr wäre Zeitverschwendung.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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