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Westdeutsche Zeitung: Minister Tiefensee - übernehmen Sie! Von Wolfgang Radau

Geschrieben am 16-11-2007

Düsseldorf (ots) - Es gab einmal ein geflügeltes Wort in unserem
Land: "Pünktlich wie die Eisenbahn". Und ein Werbeplakat: "Eins ist
sicher - die Bahn". Pünktlich ist das organisatorisch hoffnungslos
überforderte Staatsunternehmen schon längst nicht mehr. Und mit jeder
Eskalationsstufe der nun seit vier Monaten andauernden
Streiksituation sinkt die Sicherheit, dass die Bahn überhaupt kommt.
Wissen die Betonköpfe in Lokführer-Gewerkschaft und Bahn-Vorstand
eigentlich, welchen Flurschaden sie anrichten?

Der Gewerkschaft geht es um mehr Geld für ihre Beitragszahler. Ein
Brutto-Stundenlohn zwischen 19,60 und 21,77 Euro stellt wahrlich kein
üppiges Einkommen dar. Aber 31 Prozent mehr Lohn, und nur für die
Lokführer? Was ist mit den anderen Mitarbeitern, die auch ihren
Anteil haben, dass die Räder rollen? Wo bleibt da die Solidarität?

Der Bahn AG geht es - man muss inzwischen sagen: ging es - nur um
eins: die Braut schön schlank und gewinnbringend zu machen für den
Gang an die Börse. Diesen Gang hat am Dienstag die Berliner Koalition
fürs erste abgeblasen.

Die Dummen in diesem Streit sind wir alle: Menschen, die verreisen
oder nur zur Arbeit wollen, Betriebe, denen die Zulieferung ausbleibt
und deren Mitarbeiter die Hand in den Schoß legen müssen, der
Einzelhandel, dessen Kunden mit der Bahn zum Weihnachtseinkauf
anreisen, und nicht zuletzt die Bahn selbst, die ihre treuesten
Stammkunden verprellt und auf die ohnehin schon verstopften Straßen
treibt.

Wie könnte es weitergehen? Die Biedenkopf/Geißler-Vermittlung hat
zu nichts geführt, die Tarif-Parteiführer Schell/Mehdorn haben
offenbar die Direktive "Hart bleiben - koste es, was es wolle" mit
auf den Weg bekommen. Aber irgendwann muss doch ein Kompromiss
gefunden werden, bei dem keine der beiden Seiten ihr Gesicht verliert
und möglichst wenige Scherben übrigbleiben. Ein Kompromiss, bei dem
nicht Geld sinnlos verbrannt, sondern sinnvollerweise ins Personal
investiert wird.

Noch gehört die Bahn dem Bund. Und ihre Mitarbeiter haben nicht
nur ein Streikrecht, sondern das Unternehmen hat auch eine
Beförderungspflicht. So gesehen: Verkehrsminister Tiefensee,
übernehmen Sie, bevor es zum unbefristeten und unberechenbaren Streik
kommt!

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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