LVZ: Matschie fordert zusätzliche Steuergelder zur rascheren Angleichung der Rentenwerte Ost an West-Niveau / Warnung vor dramatisch steigender Altersarmut im Osten
Geschrieben am 18-11-2007 |
Leipzig (ots) - Thüringens SPD-Chef und Mitglied im Bundespräsidium seiner Partei, Christoph Matschie, hat vor einer "alarmierenden Zunahme der Altersarmut" insbesondere in Ostdeutschland gewarnt. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) forderte Matschie zugleich einen schnellen Stufenplan zur Angleichung der Ost-Rentenwerte an das Westniveau und die Einführung "einer verlässlichen Grundrente" für alle. "Ich fordere die Bundeskanzlerin auf, die Blockade der Union aufzubrechen. Sie trägt die Gesamtverantwortung für die Regierung und sie sollte gerade wegen ihrer ostdeutschen Herkunft Grund und Verständnis genug haben, dass gerade für die Ostdeutschen der tiefe Fall in die Altersarmut verhindert werden muss." Die Politik dürfe angesichts dieses dynamischen Problems gerade im Osten "nicht länger wegsehen", meinte Matschie. "Schon jetzt leben 11 Prozent der 50 bis 60-Jährigen im Osten in Armut. Weitere sechs Prozent sind akut vom Fall in die Armut bedroht. Immer mehr Ruheständler im Osten werden in Zukunft Renten haben, die unterhalb der Grundsicherung liegen." Der Politiker wies auf die höhere Arbeitslosigkeit und niedrigere Löhne in den neuen Ländern hin. Damit verbunden seien niedrigere Beiträge zur Rentenversicherung und folglich auch ein niedrigerer Leistungsanspruch. "Im Thüringer Gastgewerbe sind die Durchschnittslöhne so niedrig, dass man trotz 45 Beitragsjahren knapp auf das Grundsicherungsniveau kommt", sagte Matschie. "Der Rentenwert Ost muss rascher als bisher geplant an den Rentenwert West angeglichen werden. Der Rentenwert Ost liegt heute bei ungefähr 88 Prozent des West-Wertes. Bleibt alles unverändert, dann dürfte die Rentenangleichung im Jahr 2030 erreicht sein. Das muss rascher gehen, um der Altersarmut vorbeugen zu können." Notwendig sei ein "Stufenplan zur schnelleren Renten-Angleichung", verlangte der SPD-Politiker. "Das kann zunächst nur über höhere Steuerzuschläge erfolgen. Die große Koalition steht dafür in einer besonderen Verantwortung." Es gehe um die soziale Grundachse der Republik. "Die jetzige Koalition muss dafür noch die Weichen bis 2009 stellen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Grundsicherung im Alter und die Rente zu einer verlässlichen Grundrente für alle zusammengeführt werden. Die Kommunen sind sonst überlastet, wenn immer mehr Rentner zusätzlich Grundsicherung beantragen müssen." Auch die Bundes-SPD sowie die Gewerkschaften müssten sich dieses akuten Problems mit größerer Anstrengung annehmen. Es sei absehbar, dass die Altersarmut im Osten zunehme, wenn nichts getan werde. "Also müssen wir jetzt Gegensteuern. Auch die Gewerkschaften müssen das Thema Altersarmut stärker aufgreifen. Es ist kein einfaches Thema, weil da auch sehr viel Ost-West-Spannung drin steckt", meinte Matschie. Als besonders dringlich nannte er zudem eine Anschlussregelung für die auslaufende 58-er Regelung. "Ganz dringend ist es, die Zwangsverrentung nach Auslaufen der jetzigen 58-er Regelung durch eine sozial verträgliche Anschlussregelung zu verhindern. Der Bundesarbeitsminister hat eine unkomplizierte soziale Regelung vorgeschlagen. Die Union darf das in der großen Koalition nicht länger blockieren." Die Leidtragenden dieser Verweigerungshaltung wären insbesondere viele Hartz-IV-Empfänger, die nach längerer Arbeitslosigkeit auch noch mit massiven Abschlägen in Rente gehen müssten.
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