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Börsen-Zeitung: Brüsseler Einheitsbrei, Kommentar von Bernd Wittkowski zur geplanten Integration der Hypothekarkreditmärkte in Europa und zu den Auswirkungen auf das deutsche Pfandbriefsystem

Geschrieben am 20-11-2007

Frankfurt (ots) - Die EU-Kommission ist dabei, sich in Deutschland
so richtig beliebt zu machen. Nachdem die Brüsseler Regulierer die
Salatgurke durchgestylt und die Männer der EU ins genormte Kondom
gezwängt haben, obendrein uns Frankfurtern gerade erst den Ebbelwoi
(für die auswärtigen Leser: Apfelwein) wegharmonisieren wollten, ist
nun der Hypothekarkredit an der Reihe. Darauf haben die Bürger
Europas gewartet!

Vor allem die deutschen Bankkunden (und damit die Banken) müssen
aus Sicht der Vereinheitlicher endlich mit der
Einheitsbaufinanzierung beglückt werden. Irgendwer scheint in Brüssel
die Legende verbreitet zu haben, dass der hiesige Hypothekenmarkt in
Schutt und Asche liegt. Und dort glaubt man es allen Ernstes: Dass
hier Myriaden von Häuslebauern unter der Last der Festzinskredite
zusammenbrechen; dass Neubauten und Immobilienkäufe in Serie
scheitern, weil mangels eines integrierten EU-Hypothekenmarktes
Finanzierungsalternativen fehlen; dass unter den 2300 Geldinstituten
keinerlei Wettbewerb um Kreditnehmer stattfindet; und dass unter
alledem das Wirtschaftswachstum leidet.

Doch die Kommission ist um ein Allheilmittel nie verlegen. Diesmal
soll es das Recht sein, Kredite jederzeit vor Fälligkeit
zurückzuzahlen - mit limitierter Zinsausfallentschädigung. So wird es
angesichts der Verhältnisse in Europa - Deutschland steht mit seinem
System ziemlich allein auf weiter Flur - per Richtlinie kommen,
wiewohl alternativ zunächst auch einzelvertragliche Regelungen
erwogen werden.

Damit sind der langfristige Festzinskredit und der mit ihm auf der
Refinanzierungsseite korrespondierende Pfandbrief quasi zum Abschuss
freigegeben - ein neues Exempel einer Nivellierung, die kein Mensch
braucht. Wer einen Kredit mit jederzeitiger Tilgungsmöglichkeit haben
will, kann diesen heute auch hierzulande bekommen. Die deutschen
Banken hätten solche Alternativen freilich viel früher und offensiver
anbieten sollen, dann müssten sie und ihre Kunden nicht bald den
Brüsseler Einheitsbrei auslöffeln. Was werden denn die Folgen dieses
Standardisierungsunwesens sein? Volle Flexibilität für die
Kreditnehmer - und als logische Konsequenz variable Zinsen. Dann wäre
in der Tat vorstellbar, dass Häuslebauer reihenweise unter der
Schuldenlast zusammenbrechen und dass es zu Verwerfungen an den
Kredit- und Immobilienmärkten kommt. Als ob wir dazu gerade aktuell
nicht genug Anschauungsunterricht geboten bekämen.

(Börsen-Zeitung, 21.11.2007)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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