"Capital-Elite-Panel" zur Regierungspolitik und Konjunktur-Entwicklung: Überraschender Rückenwind für Große Koalition
Geschrieben am 03-12-2007 |
Köln (ots) - Jede zweite Führungskraft zufrieden mit Schwarz-Rot / Merkel weiter mit Top-Note / Steinmeier "aussichtsreichster Kanzlerkandidat" der SPD / Top-Manager bewerten Auftragslage nach wie vor blendend / Sorge wegen hoher Energiepreise und Kreditkrise / Kritik an Verlängerung des Arbeitslosengeldes I
Die Große Koalition ist bei Deutschlands Führungsspitzen so beliebt wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Fast jeder Zweite (46 Prozent) ist mit dem Bündnis von Union und SPD "im Großen und Ganzen zufrieden". Mehr waren es nur im März 2006 kurz nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Regierung. Noch besser fällt das Urteil über die Wirtschaftspolitik der Koalition aus, mit der sogar 58 Prozent zufrieden sind. Die Zahlen gehen aus dem aktuellen "Capital-Elite-Panel" hervor, dem eine Befragung von 613 Führungsspitzen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zugrunde liegt, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) regelmäßig für das Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 26/2007, EVT 6. Dezember) durchführt.
Das Koalitionshickhack um Mindestlöhne, Rentenalter und Außenpolitik wirkt sich damit überraschenderweise nicht auf das Urteil der Führungskräfte über die Regierung aus. "Konjunkturrisiken wie Energiepreise, Euro-Kurs und Finanzmarktkrise beschäftigen die Führungsspitzen derzeit mehr als die Scharmützel der Politik", analysiert IfD-Chefin Prof. Dr. Renate Köcher. "Darum schlagen sich die Auseinandersetzungen in der Koalition nicht in einer schlechten Bewertung nieder."
Auch Regierungschefin Angela Merkel schneidet im "Capital-Elite-Panel" wieder hervorragend ab: Mehr als drei Viertel der Befragten (76 Prozent) finden, dass sie eine "starke Kanzlerin" ist. Noch mehr sagten dies nur bei der letzten Befragung im Juli dieses Jahres, als sogar 85 Prozent dieser Ansicht waren. Für Merkels größten Widersacher halten die Führungsspitzen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, in dem 41 Prozent den "aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten der SPD" sehen. Der Parteivorsitzende Kurt Beck kommt nur auf 25 Prozent, dicht gefolgt von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit 22 Prozent. Ein ganz anderes Bild ergibt sich aber, wenn man nur das Urteil der befragten Spitzenpolitiker aus dem "Capital-Elite-Panel" betrachtet: Von ihnen plädieren 38 Prozent für Beck und nur 32 Prozent für Steinmeier.
Kritik an einzelnen Entscheidungen und Zweifel an weiteren Reformen
Kritik übt die Elite allerdings an einzelnen Maßnahmen der Großen Koalition. Die Verlängerung des Arbeitslosengelds I für ältere Arbeitnehmer stößt beim "Capital-Elite-Panel" auf breite Ablehnung. Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Top-Entscheider sehen darin keine sinnvolle Maßnahme und 59 Prozent sogar ein Signal, das die Reformbereitschaft in Deutschland nachhaltig schwächt. Über drei Viertel (77 Prozent) halten es entsprechend für unwahrscheinlich, dass die Koalition bis zur nächsten Bundestagswahl noch wichtige Reformen durchführen wird.
61 Prozent der Befragten erwarten, dass sogar weitere Reformen von der Agenda 2010 zurückgenommen werden - und das vor dem Hintergrund, dass 87 Prozent die Agenda als "ziemlich wichtig" oder sogar "sehr wichtig" für den aktuellen Aufschwung ansehen. Allerdings geht eine klare Mehrheit von 78 Prozent trotz allem davon aus, dass die Beschlüsse zur Rente mit 67 nicht revidiert werden. "Die Manager-Elite erwartet eine konsequente Fortsetzung des weiter notwendigen Reformkurses. Ansonsten droht eine schnelle Abkehr von der Großen Koalition", kommentiert 'Capital'-Chefredakteur Dr. Klaus Schweinsberg.
Hervorragende Auftragslage, gedämpfter Optimismus, wachsende Risiken
Doch nicht zuletzt die nach wie vor blendende Auftragslage stimmt die Elite noch milde gegenüber Schwarz-Rot. 82 Prozent der befragten Top-Manager halten die Situation in ihrem Unternehmen für gut oder sehr gut. Das sind sogar etwas mehr als im Juli. Der Optimismus für die nächsten Monate ist allerdings gedämpft. Doch fürchtet nur gut jeder Vierte (27 Prozent) einen Konjunkturknick. Die Mehrheit von 73 Prozent sieht durchaus Gefahren aufziehen, glaubt aber, dass das Sozialprodukt mindestens so weiter wächst wie zuletzt. Die größte Gefahr für den Aufschwung sehen die Entscheider im Anstieg der Energiepreise, den 60 Prozent als "Hauptrisiko für die Konjunktur" ansehen. Nicht viel weniger (54 Prozent) führen die Finanzmarktkrise an. Für zumindest "schädlich" halten 67 Prozent der Elite den hohen Eurokurs, nur 19 Prozent finden ihn "nützlich".
Falls die Risiken doch auf den Aufschwung durchschlügen, würde das auch das Urteil der Führungsspitzen über die Große Koalition verschlechtern, sagt Meinungsforscherin Köcher: "Sollte die Konjunktur kippen, würden alle politischen Maßnahmen, die der Wirtschaft das Leben schwer machen, viel stärker gewichtet als zur Zeit."
__________________________________________________________ Das "Capital-Elite-Panel" ist Europas exklusivste Führungskräfte-Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach für das Wirtschaftsmagazin 'Capital' seit über 20 Jahren bei Führungskräften aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung dreimal im Jahr durchführt. Unter den 613 Befragten sind über 400 Spitzenkräfte aus der Wirtschaft, darunter 59 Vorstände oder Geschäftsführer von Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeitern, außerdem über 110 Spitzenpolitiker, davon 39 Ministerpräsidenten und Minister, sowie die Leiter von 33 Bundesbehörden. Mit der Ausweitung der Stichprobe lassen sich die Meinungen von 176 Top-Entscheiderinnen auswerten. Die Befragung lief vom 5. bis 19. November 2007.
Originaltext: Capital, G+J Wirtschaftspresse Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8185 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8185.rss2
Pressekontakt: Für Rückfragen: Rainer Hübner, Redaktion 'Capital' Berlin, Tel. 030/202 24-287, E-Mail: huebner.rainer@capital.de
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