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Rheinische Post: Amnestie ist ein alter Zopf

Geschrieben am 17-12-2007

Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels

Im Schein der Adventskerzen neigt der Mensch zu mehr Milde als
sonst im Jahr. Deshalb wird die vorweihnachtliche Amnestie für
zahlreiche Häftlinge auf ein gewisses Wohlwollen im Volk stoßen. Wer
wollte vor einem christlichen Hochfest wie der bevorstehenden Feier
der Geburt Christi etwas gegen Gnadenerweise, gegen diesen Hauch von
christlicher Barmherzigkeit in kalter Zeit einwenden? Gilt nicht auch
hier: "Was du dem Geringsten unter meinen Brüdern getan hast, das
hast du mir getan?"
Gnade vor Recht gehen lassen - das ist das Eine, zwar nicht Gebotene,
aber vielleicht Allzumenschliche. Den Rechtsstaat als einen Platz des
Rechts zu sehen, in dem es keinen toten Winkel, keinen rechtsfreien
Raum geben sollte, ist das Andere. Der Gnadenerweis ist nach
herrschender Rechtsprechung kein Verwaltungsakt, den man vor Gericht
erzwingen oder bekämpfen kann. Er stellt einen Akt des Wohlwollens
dar. Das Gnadenrecht des Bundespräsidenten oder der
Ministerpräsidenten (de facto in den Ländern: der Justizminister)
stellt ein altüberkommenes Herrscher-Privileg dar. Es widerspricht
der Gewaltenteilung und passt nicht zum Rechtsstaat. Man sollte
diesen vordemokratischen Zopf abschneiden. Im Rechtsstaat bestimmt
die dritte Gewalt, die unabhängige Gerichtsbarkeit, die Dauer der
Haftstrafe. Die Exekutive sollte sich raushalten.

Originaltext: Rheinische Post
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Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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