LVZ: DGB streitet um Rückzug aus der Fläche / DGB-Landeschef Lucassen warnt vor Zentralismus und Vernachlässigung des Ostens
Geschrieben am 18-12-2007 |
Leipzig (ots) - Vor einem Rückzug des DGB aus der Fläche, die insbesondere auch zu Lasten des mitgliederschwächeren Ostens gehen würde, hat der Vorsitzende des DGB-Landesbezirks Sachsen, Hanjo Lucassen, gewarnt. In einem Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe) meinte der DGB-Funktionär: "Wenn es bei den bisherigen Vorschlägen der von DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel geleiteten Arbeitsgruppe zur Organisationsreform des DGB bleibt, wird der Osten eklatant benachteiligt. Das wäre fatal, weil erstens die Arbeitslosigkeit und die damit zuhängenden Probleme im Osten sehr viel stärker als im Westen durchschlagen und weil es zu einer Schwächung der Positionen des DGB gegenüber den ostdeutschen Landesregierungen führen würde." Als vorläufigen Erfolg lobte Lucassen zwar, dass die DGB-interne Debatte über die aus Geld- und Mitgliedermangel entstandene Organisationsreform um einen Monat auf Ende März verlängert wurde. "Auf Veranlassung von DGB-Chef Michael Sommer", wie Lucassen erklärte. Aber der DGB dürfe es grundsätzlich "nicht zulassen, dass der Osten abgekoppelt" werde. Die Probleme für die Menschen seien schließlich nicht daran zu bemessen, wie viele Einwohner oder Gewerkschaftsmitglieder eine Region habe.
Bei teils starkem regionalen Rückgang der Mitgliederzahlen innerhalb der DGB-Gewerkschaften entfallen (Stichtag 31.12. 2006) 1,4 Millionen von den insgesamt 6,59 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern auf die neuen Länder inklusive Berlin.
Die Benachteiligung des Ostens, entsprechend des jetzt von der Arbeitsgruppe Hexel vorgelegten Schrumpfungsplans, durch einen Rückzug der DGB-Vertretungen vor Ort und in den Bezirken hätte beispielsweise für Sachsen zur Folge, "dass der DGB nur noch in Dresden, Chemnitz und Leipzig, aber nicht mehr beispielsweise im Erzgebirge oder in Ostsachsen vertreten wäre". Ein "derart falsches Signal darf vom DGB nicht ausgehen", mahnte Lucassen.
Der Grundansatz der geplanten Strukturreform, die Mitgliederzahlen in den einzelnen Regionen als Basis für die personelle DGB-Vertretung zu nehmen, sei "verkehrt", kritisiert der DGB-Landesvorsitzende. Die Einzelgewerkschaften könnten ihren Personalschlüssel entsprechend ausrichten, "aber wichtig ist, dass der DGB mit seiner anderen Aufgabenstellung auf den unterschiedlichen Ebenen ausreichend vertreten ist, um Kontakt zu den Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Landräten in den Regionen zu pflegen. Und die DGB-Bezirke müssen kompetente Ansprechpartner der Landesregierungen bleiben". Es gehe schließlich auch um die entsprechende Vorfeldarbeit bei Verbänden und Organisationen und um die allgemein sichtbare Vertretung von Arbeitnehmerinteressen. "Der Finanzdruck darf da nicht die allein entscheidende Rolle spielen, wie sich der DGB in der Fläche aufstellt", so Lucassen. Deshalb müssten "die Zentralisierungsgelüste der DGB-Zentrale raus aus dem Reformansatz", verlangte der Gewerkschafter. Lucassen baut darauf, dass dies auch nicht dem Willen des DGB-Vorsitzenden Sommer entspreche. "Es kann nicht sein, dass alle Personal- und Finanzentscheidungen von der Zentrale in Berlin aus durchgestellt werden." Damit würden im Übrigen auch die Prinzipien des Föderalismus ausgehebelt. Fallen gelassen wurde mittlerweile, so Lucassen, auch schon der Plan, 50 Prozent aller finanz- und Personalmittel an die Regionen zu geben. Damit wären die Bezirke die Benachteiligten gewesen, weil sich die Bundeszentrale aus dem verbleibenden Rest ganz sicher den größten Anteil gesichert hätte, meinte Lucassen. Auch diesen Punkt wolle DGB-Chef Sommer einer Neubewertung unterziehen.
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