Westdeutsche Zeitung: Mord an Benazir Bhutto = von Eberhard Fehre
Geschrieben am 27-12-2007 |
Düsseldorf (ots) - Wer auch immer für den Mord an Benazir Bhutto verantwortlich ist, er hat nicht nur Pakistan ein Stück weiter an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Der Mord gefährdet auch den Erfolg der ohnehin wenig aussichtsreichen westlichen Afghanistan-Strategie. Denn Pakistan ist auch heute - wie zur Zeit des russischen Engagements - in einer Schlüsselrolle, die über Erfolg oder Misserfolg jeder Staatsbildung in Afghanistan entscheidet. Es war das offensichtliche Versagen des Militärherrschers Mu-sharraf, das die Rückkehr der schon zweimal gescheiterten Ex-Regierungschefin Bhutto nach Islamabad möglich machte. Ein von Washington vermittelter Handel, wonach Musharraf erneut als Präsident gewählt wird, anschließend die Uniform auszieht, darauf eine künftige Premierministerin Bhutto als vermutliche Siegerin bei den Parlamentswahlen dem Land ein ziviles Gesicht gibt und den wachsenden Einfluss islamistischer Kräfte zumindest stoppt. Mit dem Tod Bhuttos ist die Geschäftsgrundlage dieses Handels entfallen. Aber ein in Anarchie und Bürgerkrieg fallendes Pakistan ist nicht nur wegen seines Atomwaffenarsenals ein geostrategischer Alptraum. Schon heute werden weite Stammesgebiete an der afghanischen Grenze nicht mehr von Islamabad kontrolliert. Aber nur im Schatten eines halbwegs stabilen Pakistan könnte sich so etwas wie eine afghanische Staatlichkeit festigen. Fällt dieser Anker weg, droht das einzutreten, was durch die militärische Besatzung heute nur notdürftig verdeckt wird: Ein von Tadschiken und Usbeken dominierter Norden, die von Moskau unterstützte Nordallianz, auf der einen Seite. Die den Aufstand tragenden Paschtunen im Süden auf der anderen Seite, mit sicheren Rückzugs- und Rekrutierungsgebieten beiderseits der afghanisch-pakistanischen Grenze. Die geplante Machtteilung zwischen Musharraf und Bhutto sollte diesem Zustand ein Ende setzen. Über die Erfolgsaussichten konnte man streiten. Aber die Aussichten nach Bhuttos Tod sind eher katastrophal. Musharraf wird sich nun als alleiniger "Garant der Stabilität" präsentieren - und der Westen wird ihn wohl oder übel als solchen akzeptieren müssen, weil ihm jede Alternative fehlt. Doch was ist damit am Ende gewonnen?
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