'Capital'-Interview mit EU-Umweltkommissar Stavros Dimas: EU-Umweltkommissar gibt Details zum umkämpften EU-Klimaschutzpaket preis
Geschrieben am 15-01-2008 |
Köln (ots) - Keine nationalen Vorgaben für CO2-Gesamtausstoß / Deutsche Belastung "leicht überdurchschnittlich" / Verbraucher und Verkehr müssen knapp 15 Prozent Kohlendioxid einsparen / Garantie für deutsches Fördersystem bei Erneuerbaren Energien / Lob für Kernkraft-Ausstieg
Köln, 15. Januar 2007 - EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat Details zum mit Spannung erwarteten Klima- und Energiepaket preisgegeben, das die Kommission am 23. Januar veröffentlichen wird. "Wir werden ein Paket vorlegen, das die Lasten zwischen allen Ländern fair verteilt", sagte Dimas im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Heft 3/2008, EVT 17. Januar). Es werde aber nicht jedes Land den CO2-Ausstoß in gleichem Maß verringern müssen. Denn das sei ungerecht und in den Mitgliedsstaaten nicht konsensfähig. "Je höher der Wohlstand, desto stärker muss der Ausstoß sinken", sagte Dimas. Die Kommission orientiere sich in ihrem Vorschlag am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Deutschland liege dort etwa zehn Prozent über dem EU-Schnitt. "Entsprechend muss Deutschland einen leicht überproportionalen Beitrag leisten", sagte Dimas. Die EU-Staatschefs hatten im vergangenen Frühjahr beschlossen, den Kohlendioxid-Verbrauch in der EU bis 2020 um ein Fünftel zu senken. Mit ihrem Paket vom 23. Januar wird die Kommission jetzt konkretisieren, welche Last jedes einzelne Mitgliedsland tragen muss.
Anders als von vielen erwartet, wird die EU nicht für jedes Land genau festlegen, wie viel Kohlendioxid es insgesamt einsparen muss. "Diese Zahlen können wir gar nicht liefern", stellte Dimas gegenüber 'Capital' klar. Grund: Die Kommission lege für den Emissionshandel in der Industrie ab 2013 nur noch eine Höchstmenge für den Gesamtausstoß in der EU fest und nicht mehr wie bisher nationale Obergrenzen.
Die EU-Kommission wird aber für die Einzelbausteine des Klimapakets nationale Vorgaben machen, sagte Dimas. Privathaushalte und Verkehr, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind, müssen den CO2-Ausstoß im EU-Durchschnitt um zehn Prozent senken. Dabei müssen die wohlhabendsten Mitgliedsländer den Ausstoß um 20 Prozent reduzieren, die ärmsten dürfen ihn sogar noch einmal um 20 Prozent erhöhen. "Deutschland muss einen Tick mehr beisteuern als der Durchschnitt - und knapp 15 Prozent einsparen", sagte Dimas gegenüber 'Capital'.
Auch im Bereich der Erneuerbaren Energien nannte Dimas konkrete Zahlen. Insgesamt will die EU ihren Anteil am gesamten Energieverbrauch von 8,5 auf 20 Prozent erhöhen. Die Hälfte, also 5,75 Prozentpunkte, müsse jedes Land erbringen. Bei der anderen Hälfte berücksichtige die Kommission erneut den Wohlstand in den Mitgliedsstaaten. In Deutschland müsse der Anteil folglich etwas stärker steigen als um die durchschnittlichen 11,5 Prozentpunkte. Derzeit liegt der Anteil der Erneuerbaren Energien hierzulande bei knapp sechs Prozent.
Dimas widersprach Befürchtungen der Bundesregierung, die EU-Kommission werde das bewährte deutsche Fördersystem für Ökostrom torpedieren, das den Anbietern Festpreise garantiert. "Machen Sie sich da mal keine Sorgen", sagte Dimas im 'Capital'-Interview. Die Kommission wisse, wie gut das deutsche System der Einspeisevergütung funktioniere. "Wir werden sicherstellen, dass Deutschland sein System auch in Zukunft uneingeschränkt beibehalten kann, und der subventionierte Ökostrom nicht vom Ausland weggekauft wird", sagte Dimas. Zwar werde Brüssel nicht auf den von Berlin kritisierten Zertifikate-Handel für Ökostrom verzichten. "Aber wir werden ihn so konstruieren, dass er die nationalen Fördersysteme in Deutschland und anderen Ländern nicht behindert - versprochen!", so Dimas.
Im 'Capital'-Interview befürwortete Dimas den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie. Offiziell sei die EU-Kommission in dieser Frage "agnostisch". Seine "ganz persönliche Meinung" sei allerdings, dass die Risiken des Rückbaus der Meiler und die Endlagerung der radioaktiven Brennstäbe zu hoch seien. "Wenn ich Politiker in Berlin wäre, hielte ich am geplanten Ausstieg fest", sagte Dimas.
Originaltext: Capital, G+J Wirtschaftspresse Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8185 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8185.rss2
Pressekontakt: Claudio De Luca, Redaktion 'Capital', EU-Korrespondent, Tel. 0032/2/280-3171, E-Mail: deluca.claudio@capital.de
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