Wirtschaftsforscher Kinkel im "ZDF-Mittagsmagazin": Lohnkosten alleine kein Grund zur Verlagerung des Nokia-Werkes
Geschrieben am 17-01-2008 |
Mainz (ots) - Der Wirtschaftswissenschaftler Steffen Kinkel vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung glaubt nicht, dass die Lohnkosten für Nokia der einzige Grund sind, den Standort nach Rumänien zu verlegen. Aus Analysen anderer Branchen wie der Automobilzulieferer wisse man, dass unterhalb von zehn Prozent Lohnkostenanteil die Anziehungskraft von Niedriglohnländern schwinde. "Dann ist die Hebelwirkung ausländischer Billiglöhne so gering, dass sie durch höhere Logistik oder andere Koordinationskosten aufgezehrt wird", sagte Kinkel im "ZDF-Mittagsmagazin". Es müssten auch andere Gründe in Betracht gezogen werden: Zulieferstrukturen oder die staatlichen Hilfen könnten eine Rolle spielen.
Welche Vorteile ein Unternehmen von einer Verlagerung hat, hänge von der Art des Unternehmens und der Produkte ab, meinte Kinkel: "Insbesondere sehr komplexe Produkte, für die das gute Know how der Mitarbeiter am Standort Deutschland gefragt ist, werden seltener verlagert und hier in Deutschland wettbewerbsfähig hergestellt. Das gleiche gilt auch für relativ einfache Produkte, die in großen Serien hergestellt werden und Möglichkeiten zur Automatisierung bieten." Gefährdet oder betroffen seien eher Firmen mittlerer Komplexität mit hohem Lohn- und Arbeitskostenanteil, "da die Hebelwirkung ausländischer geringerer Lohnkosten stärker zu Buche schlägt".
Bei Nokia machten die Lohnkosten nur rund fünf Prozent der Gesamtkosten aus. Deshalb sei dies kein Argument, die Arbeitskosten weiter zu senken. Vielmehr empfahl Kinkel, stärker auf die Vorteile und Stärken einer Produktion in Deutschland hinzuweisen. Die Nähe zur Entwicklung innovativer Produkte, die Möglichkeit neue Produkte schnell zu produzieren, hohe Qualifikation der Mitarbeiter - "das sind die Stärken einer Produktion in Deutschland, die zunehmend auch von den Unternehmen erkannt werden", sagte Kinkel. Die Anzahl der verlagernden Firmen sei deutlich zurückgegangen. "Auch die Firmen spüren: Es ist deutlich möglich, auch am Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren." Zudem komme auf jeden vierten bis fünften Abwanderer ein Rückverlagerer, ergänzte Kinkel. Manchmal würden die Vorteile der inländischen Produktion gegenüber der ausländischen zu gering eingeschätzt.
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