Wiesbadener Kurier: Wiesbadener Kurier zu Italien
Geschrieben am 28-01-2008 |
Wiesbaden (ots) - Die italienische Politik ist immer für Kapriolen gut. Am größten ist der Überraschungsfaktor aber immer dann, wenn der ehemalige konservative Ministerpräsident Berlusconi die Fäden zieht. Ihm muss der Roman "Ein Kampf um Rom" im Kopf herumgespukt haben, als er jetzt niemand Geringerem als dem ersten Mann im Staat, Präsident Napoletano, damit drohte, seine Wahlkampftruppen in Millionenstärke in Rom aufmarschieren zu lassen. Politische Erpressung statt seriöser Problemlösung. Italien braucht alles andere, als einen überstürzten Schnellschuss, der nur dazu dient, Berlusconi per möglichst früher Neuwahl wieder ins Amt des Regierungschefs zu hieven. Der Mann, der als Ministerpräsident Gesetze für sich zurechtgebogen und die Justiz auf seine Linie gebracht hat, belegt damit einmal mehr seine Unberechenbarkeit. Hatte er während der Regierungskrise im März 2007 noch seine Bereitschaft bekundet, an der Änderung des Wahlrechts mit einer Prozent-Hürde zur Stabilisierung des Parlaments mitzuwirken, will er jetzt davon nichts wissen. Denn die Reform müsste wohl von einer Übergangsregierung in die Wege geleitet werden, an der Berlusconi nicht beteiligt wäre. Und dass er sogar seine Partei "Forza Italia" einmal zugunsten eines größeren Zusammenschlusses im Mitte-Rechts-Lager hatte auflösen wollen, ist nur noch Schnee von gestern. Zugegeben: Sein Vorstoß scheiterte an den kleineren Parteien, die ihre Felle im Falle einer Wahlrechtsreform davonschwimmen sahen. Was zugleich den Finger in die tiefste Wunde des Landes legt, der mit Hemdsärmeligkeit und radikaler Rhetorik nicht beizukommen ist: die Zersplitterung der Parteienlandschaft, die Legislaturperioden von einer Dauer, wie sie andere demokratische Staaten kennen, fast unmöglich machen. Mit Parteien, die oft aus dem Nichts entstehen, eigentlich zu nichts gut sind, außer dass sie in die Rolle des Züngleins an der Waage schlüpfen können. Das Mitte-Links-Lager hat 2007 die richtige Richtung mit der Fusion zweier Parteien zur Partito Democratico vorgegeben. Hier sollte Berlusconi anknüpfen. Und nicht eine der wichtigsten Reformen für Italien blockieren.
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