LVZ: Leipziger Volkszeitung zum BND
Geschrieben am 11-05-2006 |
Leipzig (ots) - Der Bart ist ab Von Micha SchneiderDer Bundesnachrichtendienst feiert - wenig pompös und ohne allzu großes Aufsehen. Es liegt in der Natur eines Geheimdienstes, dass er die Öffentlichkeit nicht gerade sucht. Natürlich haben sich seit den Zeiten des BND-Gründers Reinhard Gehlen, der zum Rapport von München nach Bonn noch klischeehaft mit falschem Bart, Sonnenbrille und breitkrempigem Hut reiste, Darstellung und Aufgaben des Auslandsnachrichtendienstes geändert. Sein Wirken bleibt aber für die meisten verborgen, was häufig die Unterstellung verbotenen Tuns mit sich bringt. Nicht zuletzt die negativen Erfahrungen mit faschistischen und kommunistischen Spionage- und Spitzeldiensten haben hier zu Lande die Aufmerksamkeit geschärft. Die Dienste dürfen und können nicht außerhalb der Demokratie stehen, sie müssen parlamentarisch kontrolliert werden. Obwohl es die Feierlaune der heutigen Schlapphüte stört, ist es fürs öffentliche Bild wohl sogar gut, dass mitten im Jubiläum der Bundestags-Untersuchungsausschuss seine Arbeit beginnt. Ohne das notwendige Maß an Geheimhaltung könnten die Dienste ihren Job nicht machen, ohne das gesetzlich fixierte Maß an Transparenz laufen sie aber Gefahr, sich außerhalb nationaler und internationaler Normen zu stellen. Ein Geheimdienst-Chef, der in Talkshows über seine Aktivitäten plaudert, wie Dieter Bohlen über sein Sexualleben, würde seinen Auftrag ad absurdum führen. Seiner vorgesetzten Behörde, dem Bundeskanzleramt, ist er aber zu Loyalität und Offenheit verpflichtet. Der laufende Untersuchungsausschuss ist so gesehen allein schon durch seine Einsetzung ein Beweis für funktionierende demokratische Spielregeln. Dabei musste sich der BND mit dem Fall der Mauer neu definieren. Alte Feindbilder von gut und böse, die sich territorial in West und Ost abbilden ließen, sind zerstoben. Mit dem Wegfall stark bewachter Landesgrenzen rücken zunehmend international agierende Verbrecherbanden, Geldwäsche, Drogenschmuggel, Geiselnahmen, Schleusertätigkeit in den Mittelpunkt, seit dem 11. September 2001 ist der Terrorismus ein Schwerpunkt. In diesem neuen Aufgabengebiet kann der Nachrichtendienst sein Süppchen nicht mehr allein kochen. Föderaler Eigensinn bremst die notwendige Zusammenarbeit mit Verfassungsschutz und Landeskriminalämtern, nach wie vor herrschende europäische Kleinstaaterei bremst internationale Zusammenarbeit bei der Verbrechensbekämpfung. Hier etwas zu ändern, wären die wirklichen strukturellen und organisatorischen Herausforderungen für den Bundesnachrichtendienst. Stattdessen schlägt er sich jetzt mit dem Problem herum, wer und was von Pullach nach Berlin gehen soll oder darf oder muss. Mit der für den Steuerzahler nichts weiter als teueren Umzugsarie wird der BND keinen Deut effektiver, transparenter oder international abgestimmter. Aber mit ihren Intentionen zum Verschiebespielchen zwischen Pullach und Berlin ist die Politik genauso schwer zu durchschauen, wie der Nachrichtendienst selbst es oftmals ist.
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