Westdeutsche Zeitung: Die Jagd auf Steuersünder ist richtig, aber wenig konsequent = von Martin Vogler
Geschrieben am 17-02-2008 |
Düsseldorf (ots) - Ist es der Briefträger oder die Steuerfahndung? Im Raum Düsseldorf wird man sich in etlichen gut betuchten Haushalten sorgenvoll diese Frage stellen. Die Angst besteht zu Recht. Denn Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Der Staat soll sie kompromisslos verfolgen. Wer seine Zahlungen an den Fiskus "verkürzt", wie Betroffene das gerne verharmlosend ausdrücken, der schädigt uns alle. Die Folge: Der Staat kann seine wichtigen Aufgaben nicht mehr erfüllen. Wird seine Finanznot zu groß, bleibt ihm nur der Weg, die Steuern insgesamt zu erhöhen. Die Ehrlichen sind dann wieder einmal die Dummen. Soweit logisch. Allerdings sind Staat und auch Justiz nicht konsequent. Denn irgendwie gelten Steuervergehen nicht als richtiges Delikt, mancher hält die Sünder sogar für besonders clever. Wer erwischt wird, kommt meist mit relativ milden Strafen davon. Allerdings ist es Unsinn, dass übermotivierte Politiker jetzt reflexartig eine Gesetzesverschärfung fordern. Die geltenden zehn Jahre Höchsstrafe würden durchaus ausreichen, sie müssten nur verhängt werden. Ähnlich inkonsequent ist die deutsche Regelung der Selbstanzeige: Wer das tut, geht in der Regel straffrei aus und muss lediglich hinterzogene Steuern samt Zinsen nachzahlen. Verständlich, dass dieses Risiko vielen kalkulierbar erscheint. Allerdings sollten wir uns alle jetzt vor moralisierender Besserwisserei hüten. Es wäre völlig unangebracht, wegen einzelner Verfehlungen pauschal alle Leistungsträger und Vermögenden im Lande zu verdächtigen. Denn gerade diese Gruppen tragen nicht unwesentlich dazu bei, dass es uns allen relativ gut geht. Und mal ehrlich: Wer hat nicht schon mal bei seiner Steuererklärung die Entfernung zum Arbeitsplatz um ein, zwei Kilometer "aufgerundet" - oder irgendwann mal Zinseinnahmen "vergessen". Auch das ist Steuerhinterziehung, nur kleinvolumiger. Außerdem muss sich unser Staat die Frage gefallen lassen, ob der gute Zweck jedes Mittel heiligt. Die fünf Millionen Euro, die er für die brisanten Sünder-Dateien bezahlt hat, werden sich natürlich locker amortisieren. Aber: Das Geld floss an einen dubiosen Empfänger. Dieser hat Daten seines Arbeitgebers gestohlen. Was er sonst noch tat, weiß wahrscheinlich nur er selbst. Jetzt ist er um fünf Millionen reicher.
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