Westdeutsche Zeitung: Online-Durchsuchungen = von Frank Uferkamp
Geschrieben am 27-02-2008 |
Düsseldorf (ots) - Das ist schon eine einmalige Konstellation: Zwei ehemalige FDP-Bundesminister klagen gegen ein Gesetz des einzigen amtierenden liberalen Innenministers - und bekommen Recht. Ein klarer Sieg für die Bürgerrechte, Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben gegen Ingo Wolf gewonnen. Da auch Guido Westerwelle in Berlin den Urteilsspruch als großen Tag für die FDP und ihren untrüglichen Instinkt im Kampf gegen Despotie feiert, bleibt eigentlich nur eine Konsequenz: Wolf muss gehen. So weit reicht der Übermut aber selbstredend nicht: Wolf bleibt im Amt, so angeschlagen und blamiert er auch sein mag. Denn eines konnte man der FDP - wie übrigens den anderen Parteien auch - noch nie absprechen: Einen überaus flexiblen Umgang mit Begriffen wie Verantwortung und Rechtschaffenheit. Das Urteil hat aber natürlich immense Bedeutung über NRW und das Machtgeschacher bei den Liberalen hinaus. Die Karlsruher Richter haben ein deutliches Signal gesetzt: Auf dem Altar der inneren Sicherheit dürfen die Kernbestandteile der Demokratie nicht geopfert werden. Anders gesagt: Der Staat darf den Bürger nicht in allen technisch möglichen Bereichen ausspähen, sonst verlässt er den Boden der Verfassung. Das ist eine klare Ansage vor allem für Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Mann plant,wie sein Vorgänger Otto Schily von der SPD auch schon, einen massiven Ausbau der staatlichen Überwachung. Schäuble legitimiert seine Pläne mit dem Kampf gegen den Terror und mit den Erfordernissen der neuen Zeit, in der die elektronische Kommunikation zwischen Islamabad und Berlin problemlos möglich ist. Schäuble träumt den Traum eines jeden Kontrollfanatikers: Jemand gibt ein verbotenes Wort in den Computer ein, in einer Behörde geht ein rotes Warnlicht, Polizisten schnappen den mutmaßlichen Terroristen noch am Schreibtisch. Das alles hat mehr mit Orwell als mit der Verfassung zu tun und wurde jetzt von Karlsruhe gestoppt. Es sind enge, aber wohl dosierte Fesseln, die die Verfassungsrichter dem Staat angelegt haben. Wolfgang Schäuble ist an die Grenzen gestoßen, die ein tollpatschiger Ingo Wolf mit seinem desolaten NRW-Gesetz für ihn ausgelotet hat.
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