Allg. Zeitung Mainz: Hohes Risiko (Kommentar zur SPD)
Geschrieben am 03-03-2008 |
Mainz (ots) - Kein Putsch in der SPD, keine Palastrevolution. Es scheint, als habe sich Kurt Beck durchgesetzt. Fürs Erste. Dass der Parteirat dann auch noch Steinbrück rüffelt, der harsche Worte für seinen Vorsitzenden gefunden hatte, ist fast ein bisschen obskur. Schließlich steht Steinbrück für sehr viele in der Partei, die es noch immer nicht fassen können, wie radikal der Parteichef den Linkskurs eingeschlagen hat. Was ist da geschehen? Nie in seiner langen Parteikarriere in Rheinland-Pfalz wurde Beck dem linken Parteiflügel zugeordnet. Und nun? In einem Augenblick, da viele in ihm noch immer den "Dorfbürgermeister" sehen, will er strategisches Format beweisen. Eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl hat er vor allem eins im Sinn: die Union unter Druck setzen, ihr klar machen, dass es in Deutschland eine Mehrheit links von CDU, CSU und FDP geben kann. Dass er damit seine eigene Partei vor eine Zerreißprobe stellt - dieses Risiko glaubt er kalkulieren zu können. Alles spricht derzeit dafür, dass Beck 2009 Kanzlerkandidat wird. Steinmeier wäre der Einzige, der gegen ihn aufstehen könnte. Er tut es jetzt nicht, dann wird er es in Zukunft noch viel weniger tun. Beck will 2009 allem Anschein nach eine Bundesregierung bilden, nicht mit den Linken, sondern in einer Ampel mit der FDP. Beck hat im Grunde nichts im Sinn mit den Linken. Solange Lafontaine auch nur eine Spur von Macht in der Linkspartei ausübt, wäre ein rot-rotes Bündnis auf Bundesebene in der SPD ohnehin parteiintern nicht durchsetzbar. Beck will mit mehreren Optionen spielen, um eigene Stärke zu beweisen. Er will die FDP dazu bringen, sich mit dem Gedanken an eine Ampel zu befassen. Beck spielt dabei schon auch mit dem Feuer, geht hohes Risiko, auch persönlich. Das ist meilenweit entfernt von "Dorfbürgermeister" - er will, dass alle das sehen.
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