Südwest Presse: Kommentar zu Olympia-Boykott
Geschrieben am 28-03-2008 |
Ulm (ots) - Südwest-Presse Ulm, Kommentar zu Olympia-Boykott, Ausgabe vom 29.03.2008 Die Meldungen über Massenverhaftungen in Tibet können uns ebenso wenig unberührt lassen wie die Fernsehbilder von mutigen Mönchen, die vor den Augen chinesischer Sicherheitskräfte Zeugnis von staatlicher Willkür und Desinformation ablegen. Doch was fällt der Bundeskanzlerin und ihrem Außenminister dazu ein? Dass sie von Boykottdrohungen an die Adresse des Gastgebers der Olympischen Spiele nichts halten. Merkwürdig. Hat Angela Merkel nicht eben erst den Dalai Lama im Kanzleramt empfangen? Die Reaktion der Chinesen auf diese demonstrative Geste fiel harsch aus. Das hat wohl Eindruck auf die Bundesregierung gemacht. Anders ist nicht zu erklären, weshalb sich die Kanzlerin und ihr Vize jetzt in diplomatischer Leisetreterei üben. So unklug es wäre, bereits vier Monate vor Beginn der Spiele zum Boykott aufzurufen, so falsch ist es, sich schon heute vorbehaltlos auf eine Teilnahme festzulegen. China muss klar sein, dass die Völkergemeinschaft Menschenrechtsverletzungen nicht duldet, nur um den olympischen Frieden oder mächtige Wirtschaftsinteressen nicht zu gefährden. Gesucht wird ein Mittelweg zwischen Konfrontation und Anbiederei. Das geht nur über einen Dialog, der zwar Chinas Interessen respektiert, aber Peking zu verstehen gibt, welche Grenzen bei der Behandlung von Minderheiten und Regimekritikern einzuhalten sind.
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