Boersen-Zeitung: Revolution im Kartenmarkt, Kommentar von Karin Böhmert zum Start des Pilotprojekts der europäischen Kreditwirtschaft zum Einsatz der EC-Karte
Geschrieben am 17-05-2006 |
Frankfurt (ots) - Es bedurfte wohl tatsächlich des Aufrufs aus Brüssel, der im Rahmen der EU-Preisverordnung für grenzüberschreitende Zahlungen im Euroraum eine Preisgleichheit zwischen diesen und nationalen Zahlungen forderte, um die europäische Kreditwirtschaft aufzurütteln. Denn diese Preisverordnung gilt nicht nur für Überweisungen, sondern auch für Zahlungen per Karte, hier speziell der Debitkarte, und hat weitreichende Folgen. Mit Blick auf Sepa, den angestrebten einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum, war zudem eine klare Deadline bis 2010 vorgegeben.
Bisher stellen die seit Anfang der neunziger Jahre in Europa unabhängig voneinander entwickelten verschiedenen nationalen Debitkartensysteme einen völlig fragmentierten Markt dar, der deshalb bei grenzüberschreitenden Debitkarten-Transaktionen auf internationale Zahlungssysteme wie Maestro von Mastercard und künftig VPay von Visa angewiesen ist. Sepa würde die Vormachtstellung dieser großen Organisationen noch verstärken. Die europäische Kreditwirtschaft steht nun bei der Umsetzung von grenzüberschreitenden Debitkarten-Zahlungen im Rahmen von Sepa vor der Frage, ob sie sich allein auf das Monopol Maestro bzw. das künftige Duopol mit VPay verlassen soll. Dies würde dann allerdings per se zur Einstellung der nationalen Systeme spätestens bis 2010 führen - und damit auch des von der deutschen Kreditwirtschaft aufwendig installierten und gemeinsam organisierten Electronic-Cash- und Geldautomatensystems. Mit 90 Millionen ausgegebenen EC-Karten ist der deutsche Markt der größte Debitkartenmarkt in Europa.
Endlich - dank des Aufrufs aus Brüssel - ist es der Kreditwirtschaft jetzt mit dem Start des Pilotprojektes gelungen, eine Vernetzung der nationalen Debitkartensysteme in Europa voranzutreiben. Was technisch sicher schon vorher machbar war, ist nun auch "politisch" auf dem Weg mit der in Gründung befindlichen "Euro Alliance of Payment Schemes".
Aus Wettbewerbssicht ist es nur zu begrüßen, eine Alternative zu Monopolen oder Duopolen zu haben, zumal Berechnungen zufolge Maestro-Zahlungen mehr als sechsmal teurer als EC-Zahlungen sind. Letztlich dürfte der Wettbewerb zu einer europaweiten Angleichung der Gebühren für Debitkartenzahlungen führen. Doch das ist noch ein langer Weg.
(Börsen-Zeitung, 18.5.2006)
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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