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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 23. April 2008 die Warnstreiks bei der Post:

Geschrieben am 22-04-2008

Bremen (ots) - Wo es dem Riesen weh tut
von Joerg Helge Wagner
Stell Dir vor, es wird gestreikt, und kaum einer bekommt das mit -
eigentlich ist das ja der Albtraum jedes Gewerkschafters. Doch Andrea
Kocsis, die Verhandlungsführerin von ver.di in den Tarifverhandlungen
mit der Deutschen Post, ist kein bisschen nervös. Unruhe herrscht
nach den ersten Warnstreiks eher auf der Gegenseite: bei
Wirtschaftsminister Glos ganz offen, aber kaum kaschiert natürlich
auch im Management des "Gelben Riesen".
Das hat seine Gründe, denn die ver.di-Strategie der gezielten
Nadelstiche trifft den Konzern gleich mehrfach schmerzhaft. Während
Oma weiterhin pünktlich Geburtstagspost bekommt und Papa seine
Fachmagazine erhält, gucken die Großkunden betroffen in ihre leeren
Postfächer. Das kostet ver.di in der öffentlichen Wahrnehmung keine
Sympathien, tut der Unternehmensleitung aber richtig weh: Denn es
sind ja gerade die Unternehmen und Behörden, die am ehesten
abwandern, wenn es ein privater Postdienstleister billiger - und nun
auch noch pünktlicher - macht.
Beim Post-Management war man offenbar der Einbildung erlegen, die
gemeinsam mit ver.di durchgedrückte Mindestlohnregelung habe die neue
Konkurrenz vom vermeintlichen Erbhof vertrieben. Vor allem aber: Sie
habe die Belegschaft in zufriedenen Tiefschlaf versenkt. Das
Gegenteil ist der Fall: Der Coup hat Begehrlichkeiten geweckt, und
die sind nicht unbillig. Denn von den privaten Anbietern
unterscheidet die Post ja auch ihr jährlicher Milliardengewinn,
verbunden mit zweistelligen Dividendenzuwächsen für die Aktionäre. Da
wollen sich die Arbeitnehmer nicht mit einen Angebot abspeisen
lassen, das selbst die wirtschaftsnahe FAZ als "mager" bezeichnet, da
es kaum die Inflation ausgleiche.
Gestern haben 450 von 130.000 Tarifangestellten 50 der etwa 5.700
Postfachanlagen lahmgelegt - ver.di kann die Daumenschraube also noch
drastisch anziehen, zumal die Streikbereitschaft spürbar hoch ist.
Aber die Schraube kann auch überdreht werden, wenn das Ziel des
Arbeitskampfes nicht mehr deckungsgleich ist mit den Wünschen der
Arbeitnehmer. Dass eine halbe Stunde Mehrarbeit pro Woche 12.500 Jobs
gefährde, ist nicht einfach zu belegen. Dass der Abbau von 30.000
Vollzeitstellen in zehn Jahren die jetzigen Gehaltsforderungen erst
realistisch gemacht hat, hingegen schon.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@btag.info


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