Allg. Zeitung Mainz: zum CDU-Rentenstreit
Geschrieben am 22-04-2008 |
Mainz (ots) - Wer heute Rentenpolitik betreibt, macht es kaum einem recht. Gibt es eine Rentenerhöhung um gerade mal ein Prozent, wähnen die einen das Ende des funktionierenden Sozialstaats, weil Kosten und Beiträge langfristig aus den Fugen gerieten. Derweil murren die subjektiv derart schmal Bedachten, weil sie in der Tat mit einem Plus von oftmals weniger als zehn Euro im Monat nicht einmal den Anstieg der Lebensmittelpreise ausgleichen können. Angeheizt wird der darin wurzelnde Konflikt durch Äußerungen wie die des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog, der quasi vor einer Machtübernahme der Rentner warnte. Unterstrichen wird diese Position aktuell noch durch einen hochrangigen Verteilungsexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, der Altersarmut als "meistüberschätztes Phänomen der Gegenwart" bezeichnet und die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland auf ein armes Kind zu stoßen, als fünf Mal höher einstuft, als auf einen verarmten Rentner. Vor diesem hoch emotionalen Hintergrund gewinnt nun der Vorstoß des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und CDU-Vizes Rüttgers eine ganz besondere Dynamik, wenn der Landespolitiker vorschlägt, langjährigen Geringverdienern eine höhere Rente zu gewähren, als auf Hartz-IV-Niveau eigentlich fällig wäre. Kühl bezieht er sich damit auf einen fast fünf Jahre alten Parteitagsbeschluss seiner CDU, deren Vorsitzende, Bundeskanzlerin Merkel, deshalb zunächst einmal im Regen steht, weil sie sich sehr spontan auf ein knappes Nein zu den Rüttgers-Vorschlägen fixiert hat. Die Kanzlerin-Partei wird also nicht umhinkommen, ihre Position neu zu bestimmen, gleichzeitig aber auch ihren sozialpolitischen Kurs, auf dem sie in ein wichtiges Wahljahr steuern will. Bislang war davon auszugehen, dass der Union der Konflikt bis auf weiteres erspart bleibt. Nun hat sie ihn sich selbst beschert. Gerade weil die Rentner tatsächlich eine Macht sind, Tendenz: steigend, wird sie den zügig lösen müssen. Soziale Gerechtigkeit ist schließlich nicht erst seit gestern ein Thema.
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