Westdeutsche Zeitung: Vollbeschäftigung = von Alexander Marinos
Geschrieben am 30-04-2008 |
Düsseldorf (ots) - Pünktlich zum Tag der Arbeit tischen uns die SPD-Kanzlerkandidaten-Kandidaten in trauter Eintracht das Märchen von der Vollbeschäftigung auf - und bekommen dabei auch noch Unterstützung durch den Chef der Wirtschaftsweisen. Sofern Beck, Steinmeier und Rürup die Reformen der Regierung Schröder loben, ist ihnen ja zuzustimmen. Erst die Agenda 2010 hat aus dem aktuellen Aufschwung einen echten Jobmotor gemacht. Aber was genau tut eigentlich die jetzige Bundesregierung, um den Arbeitsmarkt weiter zu modernisieren? Die Minister wissen es, der Weise spricht es zumindest vorsichtig an: praktisch nichts. Warum sich die Arbeitslosigkeit unter diesen Umständen innerhalb der nächsten zehn Jahre halbieren sollte - und erst dann könnte man von Quasi-Vollbeschäftigung sprechen -, bleibt selbst aufmerksamen Betrachtern verborgen. Ohnehin ist Vollbeschäftigung eine ambivalente Sache. Als großes Wort, das soziale Wärme ausstrahlt, macht sie sich gut in den Sonntagsreden jener, die sich "nah bei den Menschen" wähnen. Doch draußen im Land fürchtet man sich zuweilen vor ihr: Ein-Euro-Jobber und Menschen in Weiterbildungsmaßnahmen etwa sind zwar "voll beschäftigt" und belasten insofern auch nicht die Arbeitslosenstatistik. Aber arbeitslos fühlen sich die Leute doch. Teilzeitstellen boomen und führen das Land näher an die Vollbeschäftigung heran. Doch sehr viele Teilzeitjobber würden gerne länger arbeiten. Leiharbeiter schuften 40 Stunden pro Woche und bekommen dafür 1000 bis 1500 Euro netto. Wer sich in dieser Situation eine Familie leistet, ist wohl voll beschäftigt, aber leider auch arm dran. Und dann sind da noch die Branchen, die händeringend nach Fachkräften suchen und keine finden. Es klingt paradox, aber dort bedroht Vollbeschäftigung auf längere Sicht sogar sichere Arbeitsplätze. Es kommt also nicht nur darauf an, dass es Beschäftigung gibt, sondern auch, was das für eine ist und wo sie entsteht. Vor allem brauchen wir hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Dazu müssen Staat und Wirtschaft in Bildung investieren. Darauf, dass sich die Arbeitslosigkeit von selbst auflöst, weil die Gesellschaft altersbedingt schrumpft, sollte man sich genauso verlassen wie auf das Erscheinen der guten Fee im Märchen: gar nicht.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Nachrichtenredaktion Telefon: 0211/ 8382-2358 redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
134391
weitere Artikel:
- Wiesbadener Kurier: Nicht ganz freiwillig (Kommentar zu Türkei/Türkentumsgesetz) Wiesbaden (ots) - Halb zog sie ihn, halb sank er hin: Die Zeile aus Goethes Ballade "Der Fischer" passt gut auf die Entscheidung der türkischen Abgeordneten, die Verunglimpfung des Türkentums straffrei zu stellen. Nur ist "sie" dabei nicht das "feuchte Weib", das aus den Tiefen des goetheschen Wassers aufsteigt, um sich des Fischers zu bemächtigen, sondern die EU, und "er" nicht der Fischer, sondern das Parlament in Ankara. Denn so ganz freiwillig rangen sich die Volksvertreter nicht zu ihrem Beschluss durch. Ohne ein gerüttelt Maß an mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Posttarifen Halle (ots) - Am Ende ging es für beide Seiten darum, das Gesicht zu wahren. Denn ein wenig aufgesetzt wirkte die Härte, mit der der Konflikt ausgetragen wurde, angesichts früherer Einmütigkeit schon. Der Blick ins vergangene Jahr genügt als Beweis. Rasch und lautlos waren sich der von der Post dominierte Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft Verdi einig über einen Mindestlohn geworden, der aufkeimende Konkurrenz im lukrativen Briefgeschäft von vornherein weitgehend erstickte. Da mag man über die Angemessenheit der Entlohnung auf der mehr...
- WAZ: Die Gewerkschaften und 1. Mai - Auf dem Weg aus der Krise. Leitartikel von Ulrich Horn Essen (ots) - Die Gewerkschaften werden an diesem 1. Mai selbstbewusster auftreten als in den vergangenen Jahren. Nach langer Selbstbescheidung, die durch die Wirtschaftsflaute erzwungen wurde, konnten sie in jüngster Zeit passable Tarifabschlüsse durchsetzen. Die IG Metall in NRW hat den Mitgliederschwund gestoppt, Verdi registriert Zulauf. Obendrein ist es den Gewerkschaften gelungen, ihre Themen ins Zentrum der öffentlichen Diskussion zu rücken. Mindestlohn und Leiharbeit, die Kluft zwischen Armen und Wohlhabenden prägten in den mehr...
- WAZ: Hände weg vom Vatertag - Kommentar von Norbert Robers Essen (ots) - Familienministerin Ursula von der Leyen wird damit leben müssen, dass sie für ihren Aufruf zur Abstinenz am Vatertag reichlich hämische Kommentare ernten wird. Aus guten Gründen. Dazu mehr in acht Zeilen. In einem Punkt verdient sie allerdings uneingeschränkte Unterstützung: Kein Kind sollte miterleben müssen, dass sich Papa oder Mama vor seinen Augen besäuft. Aber muss man deswegen den Vatertag neu erfinden, wie die Unions-Politikerin fordert? Unsinn. Sollte ausgerechnet die zuständige Ministerin keinen blassen Schimmer mehr...
- Rheinische Post: Obamas Belastung Düsseldorf (ots) - Von Godehard Uhlemann Die Demokratie räumt jedem Bürger das Recht ein, Unsinn zu reden. Zum Problem wird das erst, wenn der Unsinn geglaubt und als Basis für politisches Handeln genutzt wird. Barack Obama hat nun ein großes Problem, das seinen Erfolg beim Kampf um die Kandidatur bei den Demokraten für die US-Präsidentschaft gefährdet. Pfarrer Jeremiah Wright, der die Obamas traute, deren Kinder taufte und der Familie ein geistliches Zuhause gab, zwingt Obama zur klaren Distanzierung. Obama sagt sich nun endlich von mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|