Die Chemie wird grün Nachbericht zur 9. Handelsblatt Jahrestagung Chemie 2008 5. und 6. Mai 2008, Düsseldorf
Geschrieben am 09-05-2008 |
Düsseldorf (ots) - Düsseldorf, 09. Mai 2008. Vor rund 180 Teilnehmern fand am 5. und 6. Mai die 9. Handelsblatt Jahrestagung Chemie 2008 in Düsseldorf statt. Dr. Gottfried Zaby bewertete als Vorsitzender der Tagung die Situation der chemischen Industrie überwiegend positiv, zumindest in den Bereichen, die die Branche selbst beeinflussen könne. Die Industrie habe ihre Hausaufgaben gemacht, stellte er fest. Die Konsolidierung schreite voran und neuen Herausforderungen stelle sich die Branche durch zahlreiche Innovationen. Allerdings seien auch äußere Einflüsse wie die Banken- und Immobilienkrise, der hohe Ölpreis und eine weltweit anziehende Inflation für die chemische Industrie spürbar. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) prognostiziert aber trotzdem einen Umsatzzuwachs von rund 2,5 Prozent.
Schwerpunkt der Handelsblatt Tagung war eindeutig die Frage, was die Chemie-Industrie zum Klimaschutz beitragen kann und welche Innovationen zu erwarten sind. Weitere Themen waren die Herausforderungen bedingt durch die Globalisierung, kundenorientierte Technologien, Grüne Chemie, der Einfluss von Private Equity in der Chemie, Bedeutung von Kohle und Gas für die Rohstoffversorgung in der chemischen Industrie sowie die politischen Vorgaben.
Kein Tag ohne Chemie "Ohne Energie geht nichts in der Chemiebranche und ohne Chemie geht nichts im Leben", stellte Prof. Dr. Ulrich Lehner in seinem Vortrag auf der Handelsblatt Tagung dar. Die chemische Industrie ist mit 4,6 Milliarden Euro Energiekosten im Jahr die Branche mit dem höchsten Energieverbrauch. Daher trage die Branche auch eine besondere Verantwortung, wenn es um Fragen des Klimaschutzes gehe. Hier könne die chemische Industrie durch ihre Innovationen dazu beitragen, dem Klimawandel zu begegnen. Drei wichtige Schlüsseltechnologien für innovative Produkte seien die Bio- und Nanotechnologie sowie die Katalyse. So arbeite man derzeit an Solarfolien, die kostengünstig und auf großen Flächen Sonnenenergie in Strom umwandeln können. Ein anderes Beispiel für innovative Produkte seien Tapeten mit so genannten OLEDs, die warmes Licht spenden und sogar weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Energiesparlampen. Mit einer speziellen Nanobeschichtung für Auto-Motoren und -Getriebe soll künftig die Reibung der beweglichen Teile verringert werden. Damit ließe sich der Spritverbrauch um bis zu zehn Prozent senken, so VCI-Präsident Lehner.
Damit Wasserstoff eines Tages eine Rolle bei der Energieversorgung spielen könne, werden Katalysatoren gebraucht, führte Lehner weiter aus. Will man Wasserstoff beispielsweise aus alternativen Energieträgern wie Biomasse oder fotochemisch erzeugen, gehe das nicht ohne katalytische Prozesse. Auch beim Einsatz von Wasserstoff in einer Brennstoffzelle seien es Katalysatoren, die eine saubere und effiziente Umwandlung in Energie ermöglichen. Und durch neuartige Enzyme könne man die gleiche Waschkraft bei 30 Grad erreichen, für die sonst 90 Grad notwendig wären. Bei der Wärmedämmung von Häusern und Wohnungen lasse sich in Deutschland der jährliche Energieverbrauch pro Quadratmeter von derzeit 25 Liter Heizöl auf weniger als sieben Liter senken. Die CO2-Emissionen könnte somit in Deutschland um mehr als 70 Millionen Tonnen verringert werden, führte Lehner aus.
Forderung der EU zu hoch Lehner betonte die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit, um die Energieversorgung sicherzustellen: "Die Politik kann und muss das Innovationstempo beschleunigen". Die EU-Förderung der Energie- und Klimaforschung stimmten ihn zwar zuversichtlich, allerdings seien die Vorschläge der EU-Kommission zur CO2-Reduktion zu hoch, stellte der VCI-Präsident fest. Die geplante CO2-Reduktion von 33 Prozent sei nur mit hohen Kosten erreichbar; diese würde sich wiederum negativ auf das Wachstum in Deutschland auswirken. Als energieintensive Branche trüge man durch massive Strompreiserhöhungen eine große Last und durch den Emissionshandel verschärfe sich das Problem. Die jährlichen Energiekosten schätzte Lehner im Jahr 2020 auf zwei Milliarden Euro. Als einen unhaltbaren Zustand bezeichnete Lehner die Tatsache, dass die EU erst 2010 entscheiden wolle, ob die Chemieindustrie die CO2-Zertifikate kostenfrei erhalte oder nicht. Hier erfuhr Lehner Zustimmung von der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Niebler, die als Vorsitzende des Ausschusses Industrie, Forschung und Energie ein Statement zum Klimaschutz abgab. "Die Entscheidung muss jetzt fallen", erklärte Niebler auf der Tagung und sprach sich für eine kostenfreie Zuteilung der Zertifikate für die Chemiebranche aus. Niebler bescheinigte der Chemiebranche eine hohe Innovationskraft, vor allem im Bereich der Energieeffizienz, erklärte aber auch: "Jetzt sind drastische Maßnahmen notwendig, um CO2 zu senken." Die Klimaschutzziele der EU-Kommission unterstützte sie im Gegensatz zu Lehner vehement, erklärte Niebler.
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