Allg. Zeitung Mainz: Kommentar zu Staatstrauer in China
Geschrieben am 19-05-2008 |
Mainz (ots) - China zeigt Mitgefühl. So selbstverständlich aus europäischer Sicht die Anteilnahme der Staatsspitze am Leid ihrer Untertanen ist, so wenig ist sie das im kommunistischen Riesenreich selbst. Dort gab es Zeremonien wie am gestrigen Montag mit Schweigeminuten und Flaggen auf Halbmast bislang nur beim Tod von Bonzen allererster Ordnung. Nach Angaben von Korrespondenten ist aufrichtige Trauer aber auch überall in der Bevölkerung zu spüren, die sich derweil trotzig Mut macht, das Riesenspektakel Olympische Spiele nun erst recht mit Glanz über die Bühne zu bringen. Vor dem Hintergrund des hohen Organisationsgrads der Volksrepublik wird das vermutlich auch so sein. Und so sehr die Allgegenwart von Militärs und Milizen dort den westlichen Gast irritieren kann, so wirken diese Strukturen jetzt, in der Stunde größter Not, vorübergehend wie eine glückliche Fügung. Die Chinesen werden auch diese Herausforderung bewältigen. Das setzt aber voraus, dass es beim Stand der Dinge bleibt. Sollte es zu neuen Beben kommen, ist alles mit einem Schlag ganz anders. Gleiches gilt für ein Bersten der gewaltigen Staudämme im Katastrophengebiet wie für den Ausbruch von Seuchen. Insbesondere die Vogelgrippe könnte leicht zu einem finalen Hindernis für die Spiele in Peking werden. Es ist zu hoffen, dass China mit der gebotenen Offenheit auch mit solchen Fragestellungen umgeht und nicht versucht, sie totzuschweigen. Peking sagt, die Atomanlagen seien sicher. Fachleute verweisen auf besonders große Meiler mitten im Erdbebengebiet. So bleibt auch hier nur das Prinzip Hoffnung für all jene, die sich Sorgen machen - und noch nicht recht glauben wollen, dass Chinas Wandel umfassend und von Dauer ist.
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