Boersen-Zeitung: Wachstumsmarkt Gesundheit, Kommentar zur Kostensteigerung im Gesundheitswesen von Stephan Lorz
Geschrieben am 23-05-2006 |
Frankfurt (ots) - Neue Berechnungen der OECD zur Entwicklung der Gesundheitsausgaben setzen die Reformpolitiker in der großen Koalition stark unter Druck: Machen die Gesundheitsausgaben in Deutschland derzeit noch 7,8% des Bruttoinlandsprodukts aus, werden es im Jahr 2050 bis zu 11,4% sein. Das entspräche etwa einer Steigerung der Krankenkassenbeiträge von 15 auf über 22%. Um den Teufelskreis aus höheren Beiträgen, steigenden Arbeitskosten, neuen Entlassungen und abermals höheren Beiträgen endlich zu durchbrechen, spricht also alles dafür, die Kassenbeiträge von den Löhnen abzukoppeln.
Davon aber will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt nichts wissen. Stattdessen tönt sie davon, die Beitragsbasis auf ein breiteres Fundament stellen zu wollen. Um kurzfristiger finanzieller Entlastung willen sollen Privatversicherte in die öffentlichen Kassen gepresst und gleichzeitig alle Einkommensarten für die Beitragsbemessung herangezogen werden. Optisch sinkt der Beitragssatz dann zwar, letztendlich aber steigt die Belastung. Denn es erscheint zweifelhaft, dass es ihr gelingen wird, die Ausgabensteigerungen auf diese Weise in den Griff zu bekommen. Nach einiger Zeit stellt sich das Problem dann wieder neu. Statt also am alten System herumzudoktern, muss eine neuer Ansatz gefunden werden.
Nur mehr Markt - und darauf verweist auch die OECD - kann das Gesundheitswesen auf eine sichere Grundlage stellen. Voraussetzung hierzu ist: mehr Eigenverantwortung für die Patienten, mehr Wettbewerb unter Krankenkassen und Leistungserbringern, Abkopplung vom Faktor Arbeit und die Zulassung von Marktpreisen bei Medikamenten und Therapien. Die bisherige Preisregulierung hemmt eher den medizinischen Fortschritt, als dass sie ihn fördert. Das Nichtvorhandensein von Wettbewerb wiederum ist der Grund, dass es kaum Prozessinnovationen gibt, die in anderen Wirtschaftszweigen die Preise purzeln lassen. Letztlich würden Marktmechanismen im Gesundheitssystem die demografisch bedingten Kostensteigerungen auch als das hernehmen, was sie sind: Wachstum. Lässt man diesem Wachstum in einem Wettbewerbsumfeld dann freien Raum, münzt es diese Kosten in Arbeitsplätze und Wertschöpfung um, was allen zugute käme und letztlich auch dafür sorgen würde, dass wir uns die hohen Gesundheitsausgaben auch im Jahr 2050 werden leisten können.
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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