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Rheinische Post: ACHTUNG: KORREKTUR DER SCHLAGZEILE - BITTE BERÜCKSICHTIGEN Steinmeier - letzte Chance der SPD

Geschrieben am 01-06-2008

Düsseldorf (ots) - von Thomas Seim

An diesem Wochenende hat Kurt Beck ein Stück Freiheit zurück
gewonnen. Getrieben von verheerenden demoskopischen Werten, einer
schweren persönlichen Glaubwürdigkeitskrise durch seine Haltung
gegenüber der Linkspartei in Hessen und einer Debatte über seine
mangelnde Führungsfähigkeit hielt Beck auf dem Zukunftskonvent seiner
Partei in Nürnberg eine respektable Rede. Er rückte die SPD wieder
mehr ins politische Zentrum, gewann auch die rot-grünen
Vergangenheitsträumer für einen neuen sozialliberalen Diskurs, fand
gar Gelegenheit, den Koalitionspartner Union als politischen Gegner
darzustellen. So gesehen könnte alles gut sein für die SPD. Ist es
aber nicht. Das zeigen nicht nur, aber auch die Umfrageergebnisse der
letzten Woche: 21 Prozent - das ist bitter für eine politische
Partei, die sich seit nun fast 50 Jahren nicht mehr als Klassen-
sondern als Volkspartei begreift.
Der Grund dafür ist so schlicht wie schwerwiegend: Der SPD fehlt
Glaubwürdigkeit. Kurt Beck hat sie in Hessen mit seinen Avancen in
Richtung Linkspartei verspielt. Am Wochenende in Nürnberg haben die
Funktionäre aus den Unterbezirken - das ist die Basis der SPD - ihren
Vorsitzenden das spüren lassen. Sie machten ihn intern für die
Vertrauenskrise verantwortlich. Bis Hessen war für sie nichts
verloren, glauben sie. Nun haben sie ihrem Parteichef die
Verantwortung dafür zugeschoben, dass die SPD verlorenes Vertrauen
zurückgewinnt. Es spricht vieles für die Einsicht bei Beck und der
SPD, dass es einen großen Wurf braucht, um diese Glaubwürdigkeit
wieder einigermaßen herzustellen. Beck braucht diesen großen Wurf
auch selbst, um nach dem Hessen-Desaster als Parteichef und auch als
Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz politisch überleben zu können.
Ein solcher Wurf kann nach Lage der Dinge nur gelingen, indem der
SPD-Vorsitzende Kurt Beck dem beliebtesten SPD-Politiker,
Außenminister Frank-Walter Steinmeier, die Kanzlerkandidatur
anbietet. Spätestens im Herbst, am besten aber noch vor der
Sommerpause. Steinmeier ist bereit, sich als Parteisoldat zur
Verfügung zu stellen, selbst wenn die Chancen gering sind. Niemand in
der SPD weiß heute, ob seine Kandidatur ein Befreiungsschlag wäre.
Sicher aber blieben Beck und die SPD ohne diesen Schritt im
20-Prozent-Turm gefangen. Eine Gefangenschaft, die Opposition für
Jahre, vielleicht Jahrzehnte bedeuten würde.
Kurt Beck hat eine respektable Rede gehalten in Nürnberg. Es war
vermutlich seine beste, in jedem Fall aber die wichtigste. Sie hat
ihn stabilisiert und ihm dadurch den Spielraum verschafft, sich ohne
Gesichtsverlust von der Kanzlerkandidatur zurückzuziehen. Beck kann
nun den Weg für Frank-Walter Steinmeier freimachen. Der SPD bleibt
nur die Hoffnung, dass ihr Vorsitzender diese neue Freiheit schnell
nutzt.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
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Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2304


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