'impulse'-Interview mit BA-Chef Frank-Jürgen Weise: "Debatte um sinkende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung kommt zu früh"
Geschrieben am 18-06-2008 |
Köln (ots) - Arbeitsmarkt von Vollbeschäftigung noch weit entfernt / Geld in Schulen gut angelegt / Reform der Förderinstrumente bringt deutliche Vereinfachungen
Köln, 18. Juni 2008 - Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat sich zurückhaltend gezeigt, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zum Jahresbeginn 2009 tatsächlich gesenkt werden können. "Die wenigsten schauen genau hin. Wir sind vor allem deshalb so gut ins Jahr gestartet, weil der milde Winter den Haushalt entlastet hat", sagte Weise in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin 'impulse' (Ausgabe 7/2008, EVT 19. Juni). Mit Blick auf die gute Kassenlage drängt in der Großen Koalition vor allem die Union auf eine Reduzierung des Beitragssatzes von 3,3 auf 3 Prozent. Der Agenturchef wies darauf hin, dass sich die Finanzsituation seiner Behörde frühestens im Herbst seriös überblicken lassen: "Die Debatte kommt zu früh."
Trotz stetig sinkender Arbeitslosenzahlen sieht Weise Deutschland von einer Vollbeschäftigung noch weit entfernt. Erst wenn eine Quote von unter vier Prozent erreicht sei und wenn Arbeitnehmer im Schnitt nicht länger als drei Monate arbeitslos wären, könne man überhaupt davon sprechen. "Für die gesamte Republik kann ich nicht erkennen, dass wir das kurzfristig erreichen", sage Weise gegenüber 'impulse'. Nur in einzelnen Regionen in Bayern und Baden-Württemberg sei das Ziel mit einer Arbeitslosenquote von nur noch gut zwei Prozent bereits heute schon erreicht.
Der Agenturchef verteidigte das Vorgehen seines Hauses, verstärkt Beitragsmitteln zur Förderung sozial benachteiligter Kinder in den Schulen einzusetzen. Für die Ausbildungsfähigkeit der Schüler hätten eigentlich die Länder zu sorgen. Weise: "Bisher verlassen aber jedes Jahr viel zu viele Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss." Er könne den Beitragszahler dabei sehr wohl nachweisen, dass sich diese präventive Arbeit lohnen kann. "Im Moment geben wir für junge Menschen bis 25 Jahre sozusagen im Reparaturbetrieb pro Jahr gut drei Milliarden Euro für Transfers und Förderung aus. Da könnten wir einiges sparen, wenn wir früher ansetzten."
Im Streit um die Neuordnung der Arbeitsmarktinstrumente lobte Weise die Pläne des Arbeitsministeriums: "Entrümpelung heißt Entbürokratisierung. Olaf Scholz hat dazu einen guten Entwurf vorgelegt." Im Ideal wünsche er sich statt eines abgespeckten Instrumentenkasten mit 30 Maßnahmen nur noch fünf Fördergruppen, unter denen Mitarbeiter nach eigenem Ermessen handeln könnten. Er sei zuversichtlich, dass in dem Ministeriumsentwurf "weitere Freiheitsgrade" erreichbar sind, "wenn wir bei der Politik mehr Vertrauen gewinnen".
Originaltext: impulse, G+J WirtschaftsPresse Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8327 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8327.rss2
Pressekontakt: Dirk Horstkötter, Redaktion 'impulse', Büro Berlin, Tel. 030/202 24-293, E-Mail: horstkoetter.dirk@impulse.de
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