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Aktionsbündnis will Wahlfreiheit bei medizinischen Hilfsmitteln erhalten

Geschrieben am 18-06-2008

Berlin (ots) - Sechs Millionen Menschen in Deutschland sind auf
medizinische Hilfsmittel angewiesen. Jetzt soll nur noch die
Krankenkasse entscheiden, welcher Versorgungspartner für Betroffene
der Richtige ist.

Das Aktionsbündnis "meine Wahl!" startet eine bundesweite
Informations- und Mobilisierungskampagne für den Erhalt der
Wahlfreiheit bei medizinischen Hilfsmitteln. Das Bündnis ist ein
Zusammenschluss von Menschen mit Behinderungen,
Selbsthilfevereinigungen, Hilfsmittelherstellern und
Versorgungspartnern wie Sanitätshäusern und Homecare-Unternehmen.
Ziel des Aktionsbündnisses ist es, das Recht auf freie Wahl des
Versorgungspartners im Hilfsmittelbereich zu erhalten und eine
bedarfsgerechte, dem Stand der Technik entsprechende Versorgung mit
Hilfsmitteln sicherzustellen. Insgesamt 26 Unternehmen und
Organisationen unterstützen bereits die Arbeit und die Ziele des
Bündnisses, darunter die Deutsche Kontinenz Gesellschaft, der
Deutsche Rollstuhl-Sportverband e.V., die Deutsche Gesellschaft für
Versicherte und Patienten e. V. und die Internationale
Fördergemeinschaft Kinder- und Jugendrehabilitation, rehaKind e.V.

Ab dem 1. Januar 2009 soll die Versorgung mit medizinischen
Hilfsmitteln wie Bandagen, Rollstühlen, Prothesen oder Produkten zur
Inkontinenz- oder Stomaversorgung ausschließlich durch Vereinbarungen
zwischen Krankenkassen und wenigen festen Vertragspartnern
organisiert werden. Das Aktionsbündnis "meine Wahl!" wendet sich
gegen diese Regelung aus dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
(GKV-WSG), weil sie das Recht der Versicherten auf Mitsprache bei der
Hilfsmittelversorgung ignoriert. Betroffene werden mit ungewohnten
und eventuell weniger geeigneten Produkten und Versorgungspartnern
konfrontiert. Fehl- oder Unterversorgungen, höhere Kosten und ein
Zusammenbruch der wohnortnahen Versorgung sind die befürchteten
Folgen.

"Die meisten Betroffenen wissen noch gar nicht, was im nächsten
Jahr auf sie zukommt", meint Dr. Martin Danner, Referatsleiter
Gesundheitspolitik der BAG Selbsthilfe. "Viele werden ab 2009 ihre
Hilfsmittel nicht mehr von ihrem gewohnten Sanitätshaus oder
Homecare-Unternehmen beziehen können. Das bedeutet auch, dass sie
wahrscheinlich nicht mehr das gewohnte Produkt und die vertraute
Betreuung und Beratung erhalten. Erste Erfahrungsberichte zeigen,
dass bei einer Versorgung durch den preisgünstigsten Anbieter die
Bedürfnisse von Patienten mit hohem Versorgungsaufwand nicht
hinreichend berücksichtigt werden", so Danner.

Auch Christiana Hennemann, Vorstandssprecherin von rehaKind e.V.
betont die Bedeutung einer individuellen bedarfsgerechten Versorgung.
"Die spezifische, eigene Behinderung und die ganz persönlichen
Einschränkungen müssen berücksichtigt werden. Gerade Kinder benötigen
wegen ihres im Wachstum extrem formbaren Körpers individuell
angepasste Hilfsmittel, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Eine
optimale Hilfsmittelversorgung erfolgt immer in Absprache mit Eltern,
Therapeuten und Ärzten." In Deutschland werden jährlich ca. 9.000
behinderte Kinder neu mit Hilfsmitteln versorgt.

"Menschen mit Behinderungen müssen sich auf ihre
Versorgungspartner verlassen und ihnen vertrauen können", sagt
Michael Heil, selbst Rollstuhlfahrer und Reha-Spezialist. "Aber die
neuen Regelungen führen dazu, dass die oft langjährigen Beziehungen
zwischen Arzt, Therapeut, Techniker und Versorger aufgegeben werden.
Für jedes Hilfsmittel kann es einen anderen Lieferanten, einen
anderen Ansprechpartner geben. Diese Zerstörung von
Dienstleistungsketten und ihr Ersatz durch Billiganbieter mit reiner
Logistikstruktur verhindern eine sinnvolle Versorgung." Mitsprache
bei der Wahl des Leistungserbringers sei eine Grundvoraussetzung für
ein selbstbestimmtes Leben und eine bedarfsgerechte Versorgung.

Für Klaus Grunau, Vorstandsmitglied des Bundesverbands
Medizintechnologie e.V., ist das Patientenrecht auf eine freie Wahl
des Versorgungspartners auch aus Sicht der Hersteller und
Leistungserbringer unverzichtbar: "Nichts fördert den Wettbewerb auf
dem Hilfsmittelmarkt so nachhaltig wie gesundheitsbewusste und
mitspracheberechtigte Verbraucher. Durch ihre Hilfsmittelentscheidung
setzen Betroffene wichtige wirtschaftliche Impulse und schaffen
Anreize für Forschung und Innovation", so Grunau. Die derzeitige
Situation stellt die Hilfsmittellieferanten und die Krankenkassen vor
einen extrem hohen Verwaltungsaufwand und rechtliche Unsicherheiten.
Die Leistungsbeschreibungen vieler Ausschreibungen sind unklar,
verbindliche Dienstleistungsstandards im Hilfsmittelverzeichnis
fehlen. Anbieter, die Dumpingpreise auf Kosten der Qualität anbieten,
werden so begünstigt und eine Oligopolbildung ist vorprogrammiert.
Mittelständische gewachsene Strukturen werden ohne Not zerstört.

Bis Ende 2008 gilt eine Übergangsfrist, in der die
Hilfsmittelversorgung noch weitgehend wie bisher erfolgen kann. Über
20 gesetzliche Krankenkassen haben jedoch bereits Ausschreibungen
durchgeführt oder initiiert. Zahlreiche neue Verträge wurden
abgeschlossen. Infolgedessen gelten bereits jetzt für mehrere
zehntausend gesetzlich Krankenversicherte im Bedarfsfall erhebliche
Einschränkungen bei der Hilfsmittelversorgung. Dies betrifft bislang
vor allem die Versorgung von Inkontinenzpatienten, die
Anti-Dekubitusversorgung, orthopädische Hilfsmittel und den Bereich
der TENS Schmerztherapie. Patienten und pflegende Angehörige beklagen
vor allem die schlechtere Qualität der Versorgung und die mangelnde
Beratung durch manche ihnen neu zugewiesene Versorgungspartner.

Originaltext: Aktionsbündnis "meine Wahl!"
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/71746
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_71746.rss2

Pressekontakt:
Bärbel Hestert-Vecoli
Aktionsbüro »meine Wahl!«
c/o Weber Shandwick
Schönhauser Allee 37, Geb. P
10435 Berlin

Tel.: +49 (0)30 203 51-27
bhestert@webershandwick.com

www.buendnis-meine-wahl.de


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