Westdeutsche Zeitung: Die standesamtlich geschlossene Ehe verliert an Bedeutung = Von Christoph Lumme
Geschrieben am 03-07-2008 |
Düsseldorf (ots) - Abschied von der bürgerlichen Ehe? Da ist das neue Scheidungsrecht, das die Kinder und nicht die Ex-Partner schützt. Da ist die Patchwork-Familie, die von der Ausnahme zur Regel wird. Da ist die zunehmende Zahl von Paaren, die nicht auf Nachwuchs, aber auf den Trauschein verzichten. Und da ist nun das Zugeständnis des Gesetzgebers an die Bürger, ohne vorhergehenden standesamtlichen Akt kirchlich heiraten zu dürfen. Niemand sollte den Bedeutungsverlust des staatlich abgesegneten Zweibundes bedauern: Er folgt der Realität einer Welt, die sich zunehmend individualisiert. Die normierende Kraft der Staats-Ehe läuft der Vielfalt von Lebensentwürfen in hochentwickelten Ländern zuwider; der Dreibund Frau, Mann, Staat wird zwar auch künftig für viele Paare ein stabiler gesetzlicher Rahmen sein, in dessen Grenzen sich der Wunsch nach Familie und sozialer Geborgenheit verwirklichen lässt. Doch er wird nur noch eines von vielen denkbaren Modellen des Zusammenlebens bleiben. Viele Paare empfinden ein gewisses Unbehagen daran, den privatesten Teil ihrer Existenz für immer in einem Geflecht aus Paragraphen zu verankern. Sie möchten nicht, dass sich der Staat in ihre Intimsphäre einnistet. Und sie glauben mit Blick auf die hunderttausenden Rosenkriege der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr daran, dass der Staat tatsächlich Gerechtigkeit herstellt, wenn Beziehungen scheitern. Geblieben aber ist das Ideal der lebenslangen Liebe und der Wunsch, dieses durch ein symbolisches Treueversprechen zu unterstreichen - zum Beispiel vor dem Traualtar. Doch die Konfessionen befinden sich jetzt in einem Dilemma: Hatte sich etwa die katholische Kirche ein Jahrhundert lang heftig gegen die Konkurrenz des Staates gewehrt, so fürchtet sie nun, von einer oberflächlichen Event-Kultur überrollt zu werden, die nicht religiöse Überzeugung, sondern Heiratsromantik zum Maß aller Dinge erklärt. Mit der Möglichkeit, ohne folgenschwere Unterschrift im Standesamt vor den Priester zu treten, dürfte es in den Gotteshäusern noch häufiger als bisher Hollywood-Alarm geben. Es zeigt sich: Die Ehe light ist nicht im Sinne der Kirchen - die Traumhochzeit in Weiß ohne staatlichen Segen wird wohl die Ausnahme bleiben.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Nachrichtenredaktion Telefon: 0211/ 8382-2358 redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
146468
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Trauung ohne Standesamt Halle (ots) - Zunächst wirkt es sympathisch, dass kirchliche und staatliche Trauung getrennt werden. Das gibt beiden ein stärkeres Eigengewicht. Bei genauerem Hinsehen wird die Neuregelung zweifelhaft. Denn die kirchliche Trauung hat rechtlich keine Konsequenzen und schadet im Falle einer Scheidung dem schwächeren Partner, weil er materiell nicht abgesichert ist. Genau das wiederum steht im Gegensatz zum kirchlichen Anliegen. Das Gesetz schafft Verwirrung und nützt jenen am wenigsten, denen es nützen soll - den Kirchen und ihren Anhängern. mehr...
- Ostsee-Zeitung: Berlin will Kürzung der Agrar-Beihilfen in Brüssel verhindern Rostock (ots) - Rostock (OZ/RZ) Die Bundesregierung will die von Brüssel geplanten Kürzungen der EU-Beihilfen für Landwirte, die vor allem die großen Unternehmen in den neuen Bundesländern empfindlich treffen würden, verhindern. Aufbau-Ost-Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte in der Ostsee-Zeitung (Freitag) an, er werde gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) in Brüssel "alles Erdenkliche" unternehmen, damit die Kürzungen nicht vorgenommen werden. Berlin habe bisher erreicht, dass mehr...
- Lausitzer Rundschau: Ingrid Betancourt ist frei Blitzschlag für die Farc Cottbus (ots) - Als Ingrid Betancourt gefragt wird, was ihre Befreiung für die Farc bedeute, hält sie einen Moment inne und sagt dann: "Es ist ein harter Schlag, der sie wie der Blitz getroffen hat." Ihre Rettung und die Art und Weise, wie es geschah, sind für die Linksrebellen tatsächlich der härteste Schlag in diesem Jahr, das bereits reich an Niederlagen für die Farc ist. Sie haben ihre wichtigsten Führungsmitglieder durch natürlichen Tod oder Tötung durch die Armee verloren. Und die Ex-Präsidentschaftskandidatin war die mit Abstand mehr...
- Lausitzer Rundschau: Karlsruher Richter fällen Urteil zum Wahlrecht Keine weiteren Tricksereien Cottbus (ots) - Das deutsche Wahlrecht versucht zwei gegensätzliche Prinzipien miteinander zu vereinbaren. Das Prinzip der Mehrheitswahl der direkt in den Wahlkreisen gewählten Abgeordneten. Und das Prinzip der Verhältniswahl. Wenn Erst- und Zweitstimme zu weit auseinander klaffen, kommt es zu Überhangmandaten. Davon gibt es in jüngster Zeit immer mehr, weil kleine Parteien den großen zunehmend (Zweit-)Stimmen abjagen. Mit dieser Entwicklung geht auch die Möglichkeit des Missbrauchs einher. Die CDU hat sie 2005 genutzt, als sie bei der mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu Kirche/Trauung Stuttgart (ots) - Die Kirchen ahnen, was da auf sie zukommt: Paare, die schön heiraten wollen - ohne den Preis dafür zu bezahlen. Eine Art Ehe light vor dem Altar. Nach dem Kirchenrecht dürfen die Kirchen solche Trauungen eigentlich nicht ablehnen. Man darf also gespannt sein, ob es ihnen tatsächlich gelingt, die bisherige Praxis trotz neuer Rechtslage beizubehalten. Sollten sie es schaffen, tritt am 1. Januar 2009 ein Gesetz in Kraft, das nicht umgesetzt wird. Ein Gesetz, das ohne Not geschaffen wurde. Originaltext: Stuttgarter mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|