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Zeitungsverleger verurteilen Gratiszeitungsprojekt der Post und Pläne des EU-Parlaments für neue Werbebeschränkungen / Jahrespressekonferenz des BDZV: Allgemeine Werbeflaute trifft auch Zeitungsbranch

Geschrieben am 08-07-2008

Berlin (ots) - Die Zurückhaltung der Wirtschaft bei den
Werbeinvestitionen bekommen auch die Zeitungen deutlich zu spüren. In
den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres ist das Anzeigenvolumen
der Zeitungen im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent zurückgegangen.
"Unser Medium leidet ebenso wie andere klassische Werbeträger unter
einer Werbeflaute", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands
Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, bei der
Jahrespressekonferenz am 8. Juli in Berlin. Ursache dafür seien
Konsumenten, die weniger kaufen und als Folge Unternehmen, die
weniger Werbung machten. Vor allem der Handel habe seine Werbebudgets
eingeschränkt. Im wichtigen Segment der Geschäftsanzeigen
(Markenartikel, Handel, lokale Geschäftsanzeigen) verbuchten die
Zeitungen einen Rückgang von -2,0 Prozent. Hingegen gab es Zuwächse
bei den Stellenanzeigen (+14,6 Prozent) sowie Familienanzeigen (+5,0
Prozent). Ebenso wie in den zurückliegenden Jahren sind die
Anzeigenumfänge im Osten aufgrund der allgemein schwierigeren
wirtschaftlichen Lage rückläufig (-2,4 Prozent), in Westdeutschland
(+0,1 Prozent) sind sie stabil.

Die Veränderungen im Werbeverhalten seien allerdings nicht nur
konjunkturell zu erklären. Hinzu kämen strukturelle Veränderungen. Es
sei bemerkenswert, dass bereits 2007 nach den Erhebungen des
Zentralverbands der Werbewirtschaft (ZAW) die Hälfte des ohnehin
bescheidenen Plus bei den Werbeinvestitionen (411 Mio. Euro) auf das
Wachstum bei den Onlinemedien zurückging.

Kritik an Gratiszeitungsplänen der Post

Angesichts der schwierigen Marktsituation sei es - so Wolff -
geradezu grotesk, dass die Deutsche Post AG plane, mit Gratistiteln
in den Pressemarkt zu drängen. "Es wäre ein Skandal, wenn ein
ehemaliges Staatsunternehmen, bei dem der Staat auch heute noch der
größte Aktionär ist, versuchen würde, die etablierten Zeitungen im
Leser- und Werbemarkt anzugreifen", sagte der
BDZV-Hauptgeschäftsführer. Dabei sei es unerheblich, ob die Post dies
völlig alleine mache oder einige wenige Verlage als Dienstleister an
ihrer Seite habe. Die Zeitungsbranche sei bereit, sich jedem neuen
Wettbewerb zu stellen, sofern die Rahmenbedingungen stimmten. Dass
allerdings ein Unternehmen, das im Postmarkt eine Monopolstellung
habe, und zudem aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der
Umsatzsteuer befreit sei und außerdem noch zu einem Großteil dem
Staat gehöre, jetzt auch noch zum Verlag werde, müsse mit allen zur
Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden. Hier sei auch die
Bundesregierung gefordert, dass dieser ordnungspolitische Sündenfall
nicht Wirklichkeit werde.

Kritik übte der BDZV auch an neuen Eingriffen der EU in die
Belange der Kommunikationswirtschaft. Wenn die Forderung des
EU-Parlaments tatsächlich umgesetzt werde und künftig 20 Prozent der
Autowerbung in Zeitungen für umweltbezogene Aussagen genutzt werden
müssten, so führe dies automatisch zum Verlust von Anzeigen. Die
Automobilbranche habe wenig Interesse an einer Werbung, bei der die
Beschreibung von Risiken und Nebenwirkungen im Zentrum stehe. Eine
solche Werbezensur könnte im Extremfall zum Verlust von 500 Millionen
Euro Anzeigenumsatz führen. "Hier geht es um die Leistungskraft der
Zeitungen und um die Arbeitsplätze in den Verlagen", sagte Wolff.

Entwicklung der Zeitungsauflagen

Die Zeitungsauflagen sind im ersten Quartal um 1,85 Prozent
gesunken - in Ostdeutschland um 4,1 Prozent, im Westen um 1,55
Prozent. Während überregionale Zeitungen (+0,93) und Wochenzeitungen
(+0,75) zulegten, verloren die regionalen Abonnementzeitungen
(-1,83), Kaufzeitungen (-2,44) und Sonntagszeitungen (-3,87).
Die Verluste bei den Sonntagszeitungen sind vor allem auf eine
Veränderung in der Statistik zurückzuführen: Ein Zeitungstitel weist
die Sonntagsausgabe nicht mehr gesondert in der IVW-Statistik aus;
ohne diesen Sondereffekt läge der Rückgang bei etwa zwei Prozent. Die
Zeitungen erreichen 76 Prozent aller Deutschen über 14 Jahre - davon
73 Prozent täglich; 59 Prozent der 20- bis 29-Jährigen widmen sich
jeden Tag der Zeitung, bei den 14- bis 19-Jährigen sind es 48
Prozent.

Geschäftsentwicklung 2007

Das Geschäftsjahr 2007 sei nicht zufriedenstellend gewesen, sagte
der Geschäftsführer Verlagswirtschaft des BDZV, Jörg Laskowski. Die
Umsätze seien lediglich um 0,5 Prozent gestiegen (Tageszeitungen +0,4
Prozent; Wochen- und Sonntagszeitungen +1,6 Prozent). Während die
Vertriebsumsätze stagnierten, gab es bei den Anzeigen- und
Beilagenerlösen ein Plus von 0,9 Prozent. Laskowski machte deutlich,
dass der Gesamtumsatz der Branche in Höhe von 9,1 Milliarden Euro dem
Niveau von 1995 entspreche.

Reichweitenzuwachs bei Zeitungswebsites

Zufrieden zeigte sich der BDZV mit der Entwicklung der
Zeitungsreichweiten im Internet. Vier von zehn Internetnutzern gehen
regelmäßig auf Zeitungswebsites. "Mit Produktverbesserungen und einem
offensiven Marketing ist es den Zeitungen gelungen, ihre Position
als Anbieter von Qualitätsinhalten stark zu verbessern", sagte der
Leiter des Geschäftsbereichs Kommunikation + Multimedia, Hans-Joachim
Fuhrmann. Innerhalb eines Jahres hätten die Verlage die Zahl der
regelmäßigen Nutzer um vier Prozent von 13,8 auf 15,5 Millionen
gesteigert. Auf diesem Wachstumskurs wollten die Verlage
weitermachen. Eine wichtige Herausforderung sei es, die
Zeitungswebsites noch offensiver als "Werbeträger von höchster
Qualität" zu vermarkten. "Wir wollen mehr von dem ohnehin noch recht
kleinen Online-Werbekuchen", so Fuhrmann. So ermittelte der ZAW im
vergangenen Jahr 689 Millionen Euro (+39 Prozent) Netto-Einnahmen aus
klassischer Onlinewerbung. Der Onlinevermarkterkreis OVK berechnete
Bruttoerlöse von 1,5 Milliarden Euro aus klassischer Onlinewerbung.
Zu den neuen Onlineprodukten der Verlage zählen auch Videoangebote
auf mehr als 120 Zeitungswebsites sowie eine wachsende Zahl von
mobilen Internetportalen. Derzeit haben etwa 20 Zeitungen ein
Internetangebot für das Handy, in den nächsten Monaten werden - so
der BDZV - viele Verlage folgen.

Rundfunkänderungsstaatsvertrag: BDZV verlangt regelmäßige
Evaluierung

Die Vielfalt und die Qualität der Onlineangebote der Zeitungen
verpflichte die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur
Zurückhaltung, sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Wolff. Die
Entscheidung der Ministerpräsidenten zum 12.
Rundfunkänderungsstaatsvertrag weise in die richtige Richtung.
Allerdings gebe es beim beabsichtigten Ausschluss von presseähnlichen
Textangeboten noch Lücken. "Wir werden mit Argusaugen darauf achten,
dass ARD und ZDF presseähnliche Angebote nicht durch die Hintertür
zum Publikum bringen", sagte Wolff. Mit Nachdruck forderte der BDZV,
dass in regelmäßigen Abständen von unabhängigen Experten überprüft
werden müsse, ob die Auflagen des Rundfunkänderungsstaatsvertrags von
den Sendern auch tatsächlich erfüllt würden.

Verleger zur Umsetzung der EU-Fernsehrichtlinie: Gesetzgeber darf
Product-Placement nicht legalisieren!

Von der Bundesregierung und den Ländern erwartet der BDZV
Unterstützung, wenn es darum geht, die EU-Fernsehrichtlinie in
nationales Recht umzusetzen. Die Richtlinie sieht vor, dass
"Product-Placement", also das bewusste Platzieren von Produkten in
bestimmten Sendeformaten, erlaubt wird. "Hier muss der nationale
Gesetzgeber alles tun, dass dieser Sündenfall der EU keine negativen
Folgen für die Medienkultur in Deutschland hat", so Wolff. Die
Trennung von Werbung und Programm sichere die Unabhängigkeit der
Berichterstattung. Der BDZV befürchtet, dass sich eine Lockerung der
Trennungsregeln automatisch auf andere Medien auswirkt. Auch von den
Zeitungen werde dann erwartet, die klaren Grenzen zwischen Redaktion
und Anzeigen aufzuweichen. Für das Qualitätsmedium Zeitung, das sich
über seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Leser definiere, sei
redaktionelle Werbung - jenseits von Verlagssonderveröffentlichungen,
die auch als Werbeprodukte erkennbar seien - tabu.

Originaltext: BDZV - Bundesverb. Dt. Zeitungsverleger
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6936
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6936.rss2

Pressekontakt:
Hans-Joachim Fuhrmann
Telefon: 030/ 726298-210
E-Mail: fuhrmann@bdzv.de

Anja Pasquay
Telefon: 030/ 726298-214
E-Mail: pasquay@bdzv.de


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