Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 17. Juli 2008 das Urteil im Fall der verhungerten Lea-Sophie:
Geschrieben am 16-07-2008 |
Bremen (ots) - Schrecklich normal von Joerg Helge Wagner Was "kostet" es, das eigene Kind so sehr zu vernachlässigen, dass es am Ende daran stirbt? Das Strafmaß in solchen Fällen - von denen es in Deutschland in den vergangenen Jahren erschreckend viele gab - reicht von dreijähriger bis zu lebenslanger Haft. Damit liegt das Urteil, das gestern in Schwerin gefällt wurde, eher am oberen Rand. Ob es Bestand hat oder nach einer möglichen Revision abgemildert wird, ist noch offen. Bei den Eltern des 2001 verhungerten Dennis aus Cottbus hat der BGH später "nur" auf Totschlag in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen erkannt, nicht aber auf Mord durch Unterlassen - wie die erste Instanz oder eben auch jetzt das Landgericht Schwerin. Die Richter müssen in solchen Fällen schier Übermenschliches leisten. Sie müssen sich mit größtmöglicher Distanz bemühen, etwas zu verstehen, was nach allgemeinem Empfinden nicht zu verstehen ist: Wie kann jemand wochenlang dabei zusehen, wie das eigene Kind elend verhungert, ohne auch nur einen Finger dabei zu rühren? Schwerste psychische Störungen wären eine Erklärung, völlige Verwahrlosung durch katastrophale Lebensumstände oder auch eklatante Geistesschwäche, die ein Erfassen der Situation unmöglich macht. Doch nichts davon traf auf die Eltern der armen Lea-Sophie zu. Vor Gericht standen recht junge Eltern, welche die Gutachter als "normal intelligent" beschreiben. Die Verhältnisse sind bescheiden, aber nicht arm. Die Beziehung zu den Eltern/Schwiegereltern ist angespannt. Töchterchen Lea-Sophie bockt, eifersüchtelt, fremdelt, als der kleine Bruder geboren wird. Gewiss kein Idyll, aber auch kein Abgrund - eher eine Familiensituation, wie sie wohl zigtausendfach in Deutschland existiert. Und weil das so ist, gibt es vielfältige Hilfsangebote: von Beratungsstellen, Kirchen, Kliniken, Jugendämtern... Letztere gerieten nach dem Tod von Lea-Sophie sofort in die Kritik; am Ende wurde sogar der Oberbürgermeister von Schwerin des Amtes enthoben. Staatsanwaltschaft und Richter sehen hingegen die Schuld allein bei den Eltern, die es aus falschem Stolz unterließen, ihrer Tochter die lebensrettende Hilfe zu holen. Diese Sicht wird bestätigt durch entsprechende Geständnisse. Die aber und die späten Tränen der Eltern wiegen die Schwere ihrer Tat nicht auf.
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