Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Festnahme Radovan Karadzic':
Geschrieben am 22-07-2008 |
Bielefeld (ots) - Die Festnahme von Radovan Karadzic in Belgrad durch Sicherheitskräfte der Regierung ist ein später und dennoch großer Erfolg der weltweiten Rechts- und Menschenrechtspolitik. Selbst wenn der Wunsch nach EU-Mitgliedschaft schwerer wog als die moralische Läuterung, darf neues Vertrauen in die Gerechtigkeit gefasst werden: Ein weiterer Massenmörder und schlimmer nationalistischer Hetzer wird sich seiner Verantwortung nicht länger entziehen können. In Serbien ist die neue Regierung gerade erst seit zwei Wochen im Amt und schon diese spektakuläre Festnahme! Sie befreit damit ihr Land vom Geruch eines Verbrecherstaats, der über Leichen geht und selbst Massenmörder samt Spießgesellen als Volkshelden feiert. Auch der Zugriff auf Ratko Mladic dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein. Man stelle sich beide schon bald vor ihren Richtern in Den Haag vor: Ein Sieg des Rechts und Genugtuung für die Angehörigen vieler tausender Ermordeter. Karadzics Vertreibungs- und Ausrottungspolitik gegen die muslimische Mehrheit wird nicht ungesühnt bleiben. Zugleich ist der hyper-nationalistische großserbische Anspruch - und das ist das Bemerkenswerte - durch aktives Mitwirken der Regierung in sich zusammengebrochen. Allerdings ist keineswegs sicher, dass in Bosnien die Versöhnung nun schneller vorankommt. Zu tief sind die dort geschlagenen Wunden. Auch in Belgrad sind die alten Seilschaften keineswegs mit abgetreten. Es bleibt die bittere Erkenntnis, dass es Blutsäufer auch in Europa, auch in heutiger Zeit noch geben kann. Das hoffentlich bald tagende Tribunal signalisiert allen amtierenden Gewaltherrschern in der Welt, dass der Arm der Gerechtigkeit lang und länger wird. Mit der jüngsten Anklageerhebung gegen den amtierenden Präsidenten des Sudan, Omar Al-Bashir war das deutlich geworden. In den Weiten von Afrikas flächengrößtem Staat wüten Reitermilizen gegen die Darfuris und andere Volksgruppen. Der mit den Balkankriegen entwickelte Begriff der ethnischen Säuberung kann getrost auch auf die 200 000 bis 300 000 Toten des dortigen Völkermordes angewandt werden. Trotz aller Rückschläge oder zumindest Hemmnisse von Simbabwe bis China nimmt seit Jahren eine neue Ethik politischen Handelns vor einer globalen Öffentlichkeit Gestalt an. Der einst eherne Schutzwall, der Staatsterroristen vor Verfolgung schützte, zeigt zunehmend Risse. Es sind eben nicht mehr innere Angelegenheiten, wenn eine Regierung bürgerliche Grundrechte mit Füßen tritt. Seit dem Ende der zwei großen Blöcke - Kommunismus gegen Kapitalismus - gibt es keine mächtigen Paten mehr, die Menschenrechtsverletzungen in ihren Hinterhöfen zulassen oder gar fördern. Ob Despotentum in Birma, Kindersoldaten von Sierra Leone bis Nord-Uganda oder vom Nachbarn gestützte Paramilitärs in Südamerika: Alle Auswüchse kommen an den Pranger. Auch wenn dieser Prozess nur schleppend verläuft, er ist vielversprechend.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
149429
weitere Artikel:
- WAZ: Familien der Zukunft. Kommentar von Norbert Robers Essen (ots) - Die aktuelle Studie des Statistischen Bundesamts bestätigt den Trend der vergangenen Jahre: Die traditionelle Form der ehelichen Familie ist ein Auslaufmodell. Müssen wir uns jetzt um den Fortbestand unserer familienorientierten Gesellschaft sorgen? Nein. Nicht die Institution an sich oder das Bedürfnis nach familiärem Zusammensein stehen auf der Kippe. Wohl aber das Bild des Alleinverdieners, dessen Ehefrau sich damit begnügt, daheim die Kinder zu umsorgen. Mit anderen Worten: Es gibt eine Familie nach der Familie - nur mehr...
- WAZ: Radovan Karadzic gefasst - Gerechtigkeit. Endlich! Leitartikel von Lutz Heuken Essen (ots) - Es ist kein Zufall, dass der Völkermörder Radovan Karadzic gerade jetzt gefasst wurde, jetzt, da der pro-europäische Präsident Boris Tadic in Belgrad an der Macht ist. Denn die Festnahme des Kriegsverbrechers ist weniger eine kriminalistische oder geheimdienstliche Meisterleistung als vielmehr ein politischer Akt: Die Zeit war einfach reif, endlich ein neues Kapitel der serbischen Politik aufzuschlagen. Viel zu lange konnten sich Karadzic und sein Handlanger Mladic dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal entziehen. Viel mehr...
- Der neue Tag: Kommentarauzug zu Festnahme Karadzic: Weiden (ots) - "... Zwölf Jahre sind vergangen, seit das UN-Kriegsverbrechertribunal einen Haftbefehl gegen Karadzic erließ. Wer heute mit dem Finger auf die Clique in Belgrad zeigt, die den Serbenführer deckte, der muss auch nach der Verantwortung der internationalen Truppen in Bosnien-Herzegowina fragen. Diese erst Ifor, später Sfor genannte Militärmaschinerie machte lange Zeit keinen Finger krumm, um den Gesuchten dingfest zu machen, als dieser noch in Bosnien weilte. ..." Originaltext: Der neue Tag Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/70539 mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Karadzic - Leipzig (ots) - Von Kostas Kipuros. Was für ein Zufall! Zwölf Jahre suchen Ermittler und Fahnder fieberhaft nach Radovan Karadzic. Vergeblich! Der bosnische Serbenführer und mutmaßliche Kriegsverbrecher bleibt unauffindbar. Wie anders als durch Zufall lässt sich die Verhaftung Karadzics durch die gerade einmal seit zwei Wochen im Amt befindliche Regierung Belgrads erklären? Der Eindruck täuscht: Dass sich einer der am meisten gesuchten Kriegsverbrecher so lange seiner Verhaftung entziehen konnte, lässt sich ebenso wenig durch Zufall erklären mehr...
- Rheinische Post: Karadzic und das neue Serbien Düsseldorf (ots) - Von Godehard Uhlemann Die Festnahme des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic muss einen mit tiefer Genugtuung erfüllen. Es kann nicht angehen, dass einer der Hauptverantwortlichen für die Scheußlichkeiten des Krieges in Bosnien-Herzegowina nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, weil unbelehrbare Gefolgsleute ihn schützen. Das ist schon beschämend lange geschehen. Auch die Angehörigen der Getöteten und all die, die durch Folter und Vertreibung Elend und Erniedrigung erfahren haben, können nun mit Befriedigung mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|