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Westdeutsche Zeitung: Statt Studentenhoch droht Akademikertief = von Anja Clemens-Smicek

Geschrieben am 29-07-2008

Düsseldorf (ots) - Quo vadis, du Land der Dichter und Denker?
Eindeutig führt der Weg in die falsche Richtung. Denn während
Wirtschaft und Politik vor einem Akademikermangel warnen und kreative
Programme auflegen, versperren Hochschulen aus Angst vor dem
drohenden Studentenberg ihre Türen. Das führt zu der für den
Wissensstandort Deutschland fatalen Situation, dass sich immer
weniger junge Leute für ein Studium begeistern. Im Vergleich zu 2003
gab es im vergangenen Jahr zwar 17 Prozent mehr Abiturienten,
gleichzeitig aber fünf Prozent weniger Studienanfänger. So droht das
prognostizierte Studentenhoch zu einem Akademikertief zu mutieren.
Die Gründe für diese alarmierende Entwicklung sind vielfältig. Immer
mehr Abiturienten vergeht mit Blick auf steigende Numeri Clausi und
Einschreibungschaos die Lust auf ein Studium. Sie verabschieden sich
lieber in eine Ausbildung. Zudem wissen sie, dass sie gerade an
Universitäten kaum auf gute Studienbedingungen hoffen dürfen. Diese
sind derzeit mehr an ihrer Forschung als an der Aufnahme weiterer
Studenten interessiert - immerhin lockt die Exzellenzinitiative mit
Milliarden zur Förderung der Spitzenforschung. Da ist kein Platz für
die Lehre, die offenkundig weder Ehre einbringt noch Elite schafft.
Leider vergessen die Hochschulen dabei einen wichtigen Grundsatz: Wer
Elite sein will, muss auch exzellent in der Lehre sein. Das machen
uns amerikanische Universitäten vor.
Ein weiterer Punkt: Unter den Abiturienten hat sich herumgesprochen,
dass man in den straff organisierten neuen Bachelor-Studiengängen nur
schwer nebenbei jobben kann, das Bafög aber kaum die
Lebenshaltungskosten deckt. Die Studiengebühren sind ein weiterer
Unsicherheitsfaktor. So notwendig sie für die finanzielle Ausstattung
der Hochschulen sind, so schlecht ist das dazugehörige System, das
Stipendien und andere Vergünstigungen sicherstellt.
Alles zusammen führt dazu, dass Hochschulpakt und Qualitätsoffensive
zu Rohrkrepierern werden. Dabei fehlt schon jetzt schmerzlich jeder
Absolvent, dem keine Tür in eine Hochschule geöffnet wurde. Darum
gilt für den "Bildungsgipfel", zu dem die Kanzlerin die
Länder-Ministerpräsidenten Ende Oktober nach Dresden bittet: Klotzen,
nicht kleckern!

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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