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Börsen-Zeitung: Die Flucht der Investoren, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 01-08-2008

Frankfurt (ots) - Vor ein paar Jahren hatte eine bemerkenswerte
Studie den Startschuss zur Commodity-Rally gegeben. Renommierte
US-Wirtschaftswissenschaftler wiesen in dem Papier nach, dass
Rohstoffinvestments attraktive Renditen bieten, wobei diese nicht mit
anderen Asset-Klassen wie Aktien positiv korreliert sind. Dies ist
bekanntlich genau das, wonach institutionelle Anleger suchen. Dann
traten auch noch prominente und vor allem medienwirksame Investoren
wie Jim Rogers auf die Bühne, die Rohstoffe als den wichtigsten neuen
Megatrend vermarkteten.

In der Tat konnte man mit Rohstoffinvestments einige Jahre lang
vortrefflich verdienen. Selbst für Privatanleger, die man mittels der
Erfindung der börsennotierten Fonds, den sogenannten Exchange Trade
Funds (ETF), und Zertifikaten erst relativ spät auf den Zug
aufspringen ließ, hat sich die Sache eine ganze Weile gelohnt.

Inzwischen macht sich jedoch Katerstimmung breit. Einer der
wichtigsten Benchmark-Indizes für Rohstoffinvestments, der
Reuters-Jefferies CRB Index, hat mit dem Juli den schlimmsten Monat
seit 28 Jahren hinter sich. Er büßte 10% ein, was nur noch von den
10,5% vom März 1980 überboten wird. Da der Index relativ
energielastig ist, spielt bei dem Verlust die Korrektur am Ölmarkt
eine wichtige Rolle. Aber auch die meisten anderen Commodity-Gruppen
bis hin zu den Agrarrohstoffen sehen nicht viel besser aus.

Die Ursachen für die Misere sind vielfältig, wobei es aber einen
dominierenden Grund gibt. Zu nennen sind zunächst fundamentale
Aspekte. So macht sich die durch die Finanzkrise und deren
Auswirkungen auf die Realwirtschaft verursachte globale
konjunkturelle Flaute bemerkbar. Der in den vergangenen Jahren
markante Anstieg des Verbrauchs wichtiger Energieträger und
Industriemetalle ist vorerst gestoppt, sodass sich die
Marktteilnehmer wesentlich weniger Sorgen machen müssen, ob denn das
Angebot überhaupt noch mithalten kann.

Zudem entspannt sich die Situation beim Angebot bei vielen
Rohstoffen. Letztlich ist es aber die Flucht der Finanzinvestoren,
die bei den jüngsten Korrekturen den Ausschlag gegeben hat. So haben
sich beispielsweise am amerikanischen Öl-Terminmarkt erstmals seit
Anfang 2007 die Netto-Longpositionen spekulativer, das heißt
branchenfremder Marktteilnehmer komplett abgebaut. Dass
Finanzinvestoren an den Rohstoffmärkten inzwischen eine Hauptrolle
spielen, zeigt das enorme Volumen ihrer Investments: Nach Daten von
Barclays Capital betragen die Commodity-Assets inzwischen rund 270
Mrd. Dollar.

Für den Rückzug gibt es einige Motive. So galt es für viele
Adressen, im Rahmen der Krise aufgetretene Finanzlöcher zu stopfen.
Zudem hat mit der austrocknenden Liquidität die Volatilität auf den
Rohstoffmärkten dramatisch zugenommen. Auf dem Ölmarkt sind
Tagesspannen von 10 Dollar je Barrel keine Seltenheit mehr. Ferner
bereiten den Investoren jüngste US-Gesetzesinitiativen Sorgen, mit
denen die Spekulation bei Rohstoffen eingedämmt werden soll.

Damit stellt sich die Frage, ob nun auf dem Rohstoffmarkt eine
Überbewertungsblase geplatzt ist und man sich daher nun auf magere
Jahre einzustellen hat. Dafür spricht, dass Bubbles oftmals mit dem
Auftreten neuer Finanzinstrumente im Zusammenhang stehen. Bei den
Rohstoffen wäre dies der Aufstieg der ETF. Zudem zeigt der jüngste
Preisrutsch bei Öl von mehr als 20% einen Bärenmarkt an - zumindest
dann, wenn man klassische Indikatoren aus dem Aktienmarkt anwendet.

Letztlich dürfte aber den Ausschlag geben, dass die langfristigen
fundamentalen Trends - vor allem der Aufstieg der Schwellenländer -
weiterhin intakt sind. Insofern stellt die gegenwärtige Situation
lediglich eine der Korrekturen dar, wie es sie in den vergangenen
Jahren häufiger gegeben hat. Dass sie diesmal besonders ausgeprägt
ist, hängt damit zusammen, dass die Preisanstiege zuvor bei vielen
Rohstoffen ungewöhnlich kräftig waren.

Und auch die Finanzinvestoren werden sich wieder auf den
Rohstoffmärkten einfinden. Ihre Flucht vor allem in die Asset-Klasse
Aktie - wie sie an den jüngsten Bodengewinnen bei den
Dividendentiteln abzulesen ist - wird wegen der anhaltenden
Finanzkrise kaum von Dauer sein.

(Börsen-Zeitung, 2.8.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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