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LVZ: Irrgarten Gesundheitssystem

Geschrieben am 06-08-2008

Leipzig (ots) - Von Olaf Majer
Da rügt der Bundesrechnungshof die ausufernden Bezüge mancher
Krankenkassenvorstände und verlangt eine Obergrenze. Und zugleich
schlagen die Ärzte Alarm, weil die schmalbrüstigen Honorare, die eben
jene Kassenvorstände für die Mediziner fordern, keine umfassende
Vorsorge für Patienten mehr zulassen. Zwei Meldungen, die streng
genommen nichts miteinander zu tun haben. Und doch gehören beide
blutdrucksteigernde Nachrichten zusammen, weil sie das ganze Bild vom
deutschen Irrgarten namens Gesundheitssystem zeigen. Ein Irrgarten,
in dem die Hecken immer höher wuchern und die meisten Beteiligten im
bürokratieüberladenen Labyrinth längst den Überblick verloren haben.
Dass sich Leistung lohnen muss, ist eine Motivation, die auch den
Chefs der 236 verbliebenen Krankenkassen in Deutschland nicht
verwehrt werden darf. Wer vernünftig mit den Versichertenbeiträgen
wirtschaftet und im Dickicht der Verordnungen und politischen
Maßregelungen den besten Pfad für seine Mitglieder freischlägt, der
hat sich sein Salär redlich verdient. Gerade an den Schaltstellen
über Beitragshöhen und Kassenleistungen sind Top-Manager gefragt. Ein
Herz-Kreislauf-schädlicher Aufreger werden die Gehälter der
Kassenchefs erst, wenn Lohn und Leistung offensichtlich auseinander
klaffen. Oder die Gier das Gewissen besiegt. Wie im Fall eines zu
drei Jahren Haft verurteilten Betriebskassenvorstands in Nordhessen.
Dieser hatte sich gemeinsam mit einer Vorstandssekretärin das Gehalt
durch unberechtigte Prämien glatt verdoppelt und die Kasse so um fast
800000 Euro geprellt. Unterlagen wurden so gefälscht, dass das Paar
an manchen Tagen mehr als 24 Stunden gearbeitet haben muss. Von
Kontrolle war im BKK-Glaspalast keine Spur - der Chef war in die
Machenschaften eingeweiht.
Da die Versuchung seit Adam und Eva leider menschlich ist, macht sie
auch nicht vor Ärzten halt. Das aktuelle Pokern um höhere Honorare
hat allerdings nichts mit persönlicher Maßlosigkeit zu tun. Es geht
nicht darum, das Häuschen in der Toskana schneller abzubezahlen, wie
Ärztekritiker ätzen. Es geht um die Gefahr einer neuen, verheerenden
Sackgasse. Denn ausgerechnet beim zarten Pflänzchen
Krankheitsvorbeugung soll jetzt die Heckenschere angesetzt werden.
Erst impften Gesundheitspolitiker landauf, landab die Deutschen auf
mehr Prävention ein. Nun sollen Hautärzte, Gynäkologen oder Kinder-
und Jugendärzte mit einem Drittel weniger Geld Hautkrebs vorbeugen,
Schwangere betreuen oder Stress-Symptome beim Nachwuchs rechtzeitig
erkennen. Willkommen im deutschen Gesundheits-Irrgarten!

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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