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Südwest Presse: LEITARTIKEL · PEKING Olympische Täuschung

Geschrieben am 07-08-2008

Ulm (ots) - Konfuzius sagt: Nur die Weisesten und die Dümmsten
ändern sich nicht. In China hat es viele Veränderungen gegeben, sagen
sie hier nicht ohne Stolz. Die Offenheit nach dem Erdbeben habe es
untermauert. Zu dumm nur, dass die Chance fast verstrichen ist, dies
auch mit den Olympischen Spielen zu beweisen. Dabei hat die größte
Sportveranstaltung der Welt mit 205 teilnehmenden Nationen noch gar
nicht mal recht begonnen.
Die jahrelange Vorbereitung, die neuen, prunkvollen Sportarenen, der
honigsüß klingende Leitspruch "Eine Welt, ein Traum", das größte
Feuerwerk, das es je gab, zur heutigen Eröffnungsfeier - und dann
das: Die Welt zeigt mit dem Finger auf China, und man schüttelt den
Kopf.
Denn schon jetzt steht fest, dass Peking die lange Geschichte
unrühmlicher Olympia-Kapitel fortschreibt. Erst Tibet-Krise, nun
offene Medienzensur - hinter dem inszeniert fröhlichen Gesicht dieser
Spiele wird bedrohlich der autoritäre Blick sichtbar. Hinter der
quirligen Metropole zeigt sich die verbotene Stadt.
Peking versucht, mit Olympia eine Weltoffenheit zu zaubern, die es so
nicht gibt, weder für die 10 500 Sportler, die sich ihre Teilnahme
verdient haben, noch für die Berichterstatter. Sie bekommen freilich
nur den Hauch jener Restriktionen zu spüren, die auf das chinesische
Volk abzielen. Dass anders als sonst bei Olympischen Spielen
Terrordrohungen nicht von Außen kommen, sondern aus dem Innern des
Riesenreichs, passt ins Bild. Ob Todesstrafen-Weltrekorde (mindestens
470 Exekutionen 2007) oder schonungslose Unterdrückung unliebsamer
Kritiker und ethnischer Minderheiten - es sind die Härte und
Unnachgiebigkeit, auf die die Welt so erschrocken reagiert. Doch ist
lange bekannt, dass 30 000 Menschen in China allein damit beschäftigt
sein sollen, das Internet durchzufiltern. Das Internationale
Olympische Komitee, allen voran IOC-Präsident Jacques Rogge, musste
sich nun prompt den Vorwurf der Komplizenschaft mit dem System
gefallen lassen. Wenn aus der olympischen Idee reine Macht-Spiele
werden wie in Peking, läuft ganz grundsätzlich etwas schief.
Endgültig sollte den Funktionären des IOC klar werden, dass sie sich
verabschieden müssen vom ehernen Grundsatz politischer Zurückhaltung,
weil das IOC selbst sonst Schaden nimmt. Eindeutige Ansagen statt
mäuschenstiller Diplomatie würden früh für klare Fronten sorgen. Im
Fall Peking hat eben auch das Dulden und Stillhalten des IOC mit dazu
geführt, dass Staatschef Hu Jintao jetzt völlig ungeniert appellieren
kann, man dürfe die Spiele nicht politisieren.
Dabei sind es doch gerade die Chinesen, die Olympia propagandistisch
nutzen. Es geht um die Demonstration von Größe und Stärke. Warum
sonst hätte der Fackellauf über den Mount Everest geführt?
Man muss sich allerdings davor hüten, politisch zu viel zu verlangen
vom Internationalen Olympischen Komitee. Wenn die Weltgemeinschaft
schon im kleinen Birma versagt, wie soll eine Sportorganisation dann
dem Riesen China trotzen? Allein so: Man hätte ihm vorher aus dem Weg
gehen müssen. Jetzt ist es dafür zu spät.
Die Rolle einer moralischen Instanz wäre freilich immer noch zu
besetzen. So lange dieser Part vernachlässigt wird, steht das IOC zu
Recht in der Kritik.
Die Sommerspiele 2016 werden im kommenden Jahr vergeben. Dabei muss
es nach den China-Erfahrungen vor allem um ein Thema gehen: die Suche
nach dem unverdächtigsten Kandidaten. Wer sich die Bewerber anschaut,
darf vermuten: Rogge und Co. haben aus den Peking-Spielen bereits die
ersten Lehren gezogen. Baku, Doha und das mittellose Prag sind schon
im Vorfeld durchgefallen, im Finale stehen Chicago, Madrid, Rio und
Tokio.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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