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Börsen-Zeitung: Rückschläge zu befürchten Kommentar "Marktplatz" zum Börsengeschehen, von Dieter Kuckelkorn.

Geschrieben am 08-08-2008

Frankfurt (ots) - Wie sich das Bild an den Märkten in kurzer Zeit
gewandelt hat: Der Euro ist am Freitag fast bis auf 1,50 Dollar
gerutscht. Die Gemeinschaftswährung befindet sich damit auf dem
tiefsten Stand seit fünf Monaten. Der Ölpreis setzt seine Talfahrt
fort, er war zeitweise bereits unter 116 Dollar je Barrel angekommen.
In einem solchen Umfeld geht es dem Aktienmarkt gut. Der schwächere
Euro verbessert die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen auf
dem Weltmarkt und damit die Exportaussichten der Konzerne, was
Rückwirkungen auf deren Ertragslage haben sollte.

Der starke Dollar kompensiert zwar einen Teil der Einsparungen
durch die niedrigeren Energie- und Rohstoffkosten. Unterm Strich
bleibt aber dennoch ein deutlich positiver Effekt übrig.
Dementsprechend hat sich der Dax vorerst oberhalb von 6500 Punkten
etabliert, vor etwa einem Monat noch hatte die Gefahr bestanden, dass
er unter 6000 Zähler rutschen könnte.

Der Euro hat binnen eines Monats rund 10 US-Cent eingebüßt, er
befindet sich damit fast schon im freien Fall. Für die jüngsten
Verluste ist zumindest vordergründig Jean-Claude Trichet
verantwortlich. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB)
hatte auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Zinssitzung des
EZB-Rats am Donnerstag eingeräumt, dass sich die konjunkturellen
Aussichten für die Eurozone deutlich eingetrübt haben. Darüber hinaus
ließ er durchblicken, dass der EZB-Rat derzeit eine neut rale
Position einnimmt und weder zu einer Senkung noch zu einer Anhebung
des Leitzinses tendiert. Die Notenbank ist derzeit also
offensichtlich besorgter wegen der konjunkturellen Lage als noch vor
wenigen Wochen.

Eine echte Überraschung stellen die Trichet-Äußerungen freilich
nicht dar. Dass sich das Wirtschaftswachstum auch in Europa
abschwächt, sollte mittlerweile geläufig sein. Und dass es sich die
EZB angesichts der immer noch erheblichen Inflationsgefahren kaum
leisten kann, mit einer Drehung an der Zinsschraube für einen
gewissen konjunkturellen Schub zu sorgen, müsste inzwischen
eigentlich auch Allgemeingut sein. Dass die Reaktion am Devisenmarkt
dennoch so heftig ausfällt, darf also als erstaunlich bezeichnet
werden - obwohl negative Mak rodaten aus Europa und positive aus den
USA als weitere Faktoren eine Rolle spielten. Die von den USA
ausgehende Finanzmarktkrise ist nämlich keineswegs überwunden, wie
erst am Freitag der höher als erwartet ausgefallene Verlust bei dem
US-Hypothekenrefinanzierer Fannie Mae deutlich macht. Die in den USA
bestehenden Risiken sind noch längst nicht überschaubar.
[
Insofern drängt sich der Eindruck auf, dass das Umfeld für die
Aktienmärkte nicht so freundlich bleiben wird, wie es sich
gegenwärtig darstellt. Beim Währungspaar Euro/Dollar ist damit zu
rechnen, dass die Gemeinschaftswährung wieder aufholen wird - auch
wenn das Momentum des Greenback noch eine kurze Zeit anhalten kann.
Außerdem scheinen die Credit-Märkte neues Ungemach zu signalisieren:
Während die Dividendentitel sehr freundlich tendierten, ist zu
beobachten, dass die Spreads von Credit Default Swaps in Europa nach
oben ausbrechen. Sollte es nachhaltig zu höheren Spread-Niveaus
kommen, rechnen Analysten auch mit Rückschlägen am Aktienmarkt. Im
Verlauf der Aktienmarktkrise hat sich der Credit-Markt als ein recht
zuverlässiger Frühindikator erwiesen; so zeigte er den Rückschlag,
der den Aktienmarkt im Frühjahr erwischte, vorher an.

Gerade mit Blick auf die vom Credit-Markt gesendeten Signale
erscheint es unwahrscheinlich, dass der Aktienmarkt die jüngsten
stattlichen Gewinne verteidigen kann. Zu befürchten ist vielmehr,
dass es zu Rückschlägen kommt und dass der Dax in den kommenden
Monaten seine Jahrestiefs noch einmal antesten wird, bevor es dann zu
einer nachhaltigen Erholung kommen kann. Es ist nach wie vor davon
auszugehen, dass es sich aktuell um eine Bärenrally handelt, also um
eine begrenzte Aufwärtsphase in einem länger andauernden
Abwärtstrend.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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